Sie sind hier: Archiv / Herrnhuter Monats-Losungen / 2008 / Februar
Darum sage ich euch: Alles, um was ihr auch betet und bittet, glaubt, dass ihr es empfangen habt und es wird euch werden.
Mk. 11, 24
Lieber gläubiger Leser,
ganz am Anfang muss ich gestehen, dass ich mit diesem Bibeltext so meine Probleme habe. Nicht nur, dass hier keinerlei Einschränkungen wie bei ähnlichen Worten gemacht werden, sondern dass diese Aussage auch noch im Zusammenhang mit dem merkwürdigen Geschehen um die Verfluchung des Feigenbaums steht, die ich auch noch nicht bis ins letzte verstanden habe (Mk. 11, 12-14 + 20-26). Was macht man mit solchen Texten?
Normalerweise lege ich sie erst einmal beiseite, in der Hoffnung, dass der Herr mir eines Tages schon ein besseres Verständnis dafür geben wird. Und so habe ich es auch oft erlebt.
Aber ich kann Euch ja nicht in der Zwischenzeit ein leeres Blatt als Gemeindebrief abgeben. Also werde ich wenigstens versuchen, das weiter zu geben, was mir dazu aufgegangen ist.
Da geht es zunächst um den Redenden. Der sich hier mit dem einfachen „ich“ zu Wort meldet ist nicht irgendwer, sondern der Schöpfer von Himmel und Erde, der König aller Könige, der Heiland der Welt. Insofern gibt es keinen Zweifel daran, dass mit dem „Alles“ wirklich alles gemeint ist. Ihm ist nichts unmöglich, auch das mit dem Feigenbaum oder mit dem „Berge versetzen“ nicht.
Problematisch wird es nur, dass das hier mit uns in Verbindung gebracht wird, gleichsam die Vollmacht dafür in unsere Hände gelegt wird. Öffnet das nicht dem Missbrauch Tür und Tor?
Ich musste in dem Zusammenhang an das Märchen vom „Fischer und seiner Fru“ denken, die sich auch etwas wünschen durften und dabei immer maßloser und unzufriedener wurden.
Aber hier geht es um alles andere als um ein Märchen. Was machen wir mit einer solchen Verheißung? Und wie sind unsere Erfahrungen auf diesem Gebiet? Erleben wir wirklich Gebetserhörungen am laufenden Band oder sind wir nicht viel öfter auch enttäuscht?
Gibt es nicht vielleicht doch Vorbedingungen für ein erhörliches Beten?
Ich will das nicht mit ja oder nein beantworten, aber es ist immer hilfreich, nicht eine Aussage isoliert zu betrachten, sondern den ganzen biblischen Befund zu Rate zu ziehen. Und da sind uns schon einige Dinge zu diesem Thema genannt:
Das erste steht in unserem Text selbst. Wie gehen wir mit Schuld und Vergebung bei uns und bei anderen um? (V. 25-26) Wäre es nicht vermessen zu glauben, das der Herr ungeklärte Schuld auch noch belohnt, indem er uns erhört?
Jakobus fügt noch einen anderen Aspekt hinzu, wenn er sagt, dass man bei allem Bitten dann nichts empfängt, wenn man „übel“ bittet, um es in unseren Begierden zu vergeuden (Jak. 4,3).
Es spielt also schon eine Rolle, welche Motive wir für unsere Bitten haben.
Dieser Gedanke schwingt auch mit, wenn in Joh. 14,13 und 15,6 gesagt wird, dass Er das tun wird, was wir in seinem Namen bitten, also in Übereinstimmung mit seinen Plänen und Zielen und in seiner Vollmacht. Diese Pläne zu erkennen, ist zugegebenermaßen nicht immer leicht.
Das ist sicher ein Grund dafür, dass der Herr uns mit anderen Christen zusammengestellt hat. Gemeinsam findet man leichter den richtigen Weg und erkennt besser den Willen des Herrn. In Mtth. 18,19 heißt es dazu: „Wenn zwei von euch auf der Erde übereinkommen werden über irgend eine Sache, um die sie bitten mögen, so wird sie ihnen werden von meinem Vater...“
Was mich erstaunt, ist die Tatsache, dass bei alledem nicht die Wortwahl das Entscheidende ist, wie das vielleicht im zwischenmenschlichen Bereich der Fall sein kann. Natürlich sollten wir uns immer bewusst sein, wem wir beim Beten gegenüber treten, das bewahrt uns vor anmaßenden oder kumpelhaften Äußerungen. Aber die geschliffenen Worte machen es nicht. Wir haben die wunderbare Zusage, dass sich der Heilige Geist für uns verwendet, weil wir letzten Endes sowieso nicht wissen, was und wie wir richtig bitten (Rö. 8, 28).
Viel entscheidender ist unser Glaube, und damit meine ich hier nicht das Fürwahrhalten und das Bejahen all der biblischen Wahrheiten, sondern was wir in einer konkreten Situation Gott zutrauen. Wenn wir uns die Glaubenszeugen der Bibel anschauen, dann wurde ihnen oft zugemutet, menschenunmögliche Dinge für möglich zu halten und entsprechend zu handeln.
Ich muss bekennen, dass ich an dieser Stelle ein großes Manko habe.
Unser heutiges Losungswort geht sogar noch einen Schritt weiter, wenn es uns auffordert, zu glauben, dass wir das Erbetene bereits beim Bitten empfangen haben, auch wenn noch nichts zu sehen ist und die Erfüllung noch auf sich warten lässt. Wie ist das nun zu verstehen?
Als schwaches Beispiel ist mir unsere Möbelbestellung vor unserem Umzug im vergangenen Jahr eingefallen. Obwohl wir 6-8 Wochen auf die Küche oder die Polstermöbel warten mussten, „hatten“ wir diese vom Zeitpunkt der Bestellung an, weil sie nach unseren Vorgaben gefertigt wurden und unsere weiteren Aktivitäten von diesem Fakt ausgehen mussten.
Das Ergebnis haben wir dann allerdings erst später gesehen, und es muss nicht immer der Fall sein, dass das dann in allem unseren vorherigen Vorstellungen entspricht. So ist das auch im Glauben. Wenn wir fest damit rechnen, erhört worden zu sein, werden wir Ruhe über die Sache bekommen, auch wenn die Erfüllung noch nicht zu sehen ist und wir können sichere Schritte gehen. Sollten wir unseren Herrn nicht durch mehr Vertrauen ehren?
Schließen möchte ich diese Gedankensplitter mit einem Vers aus einem bekannten Lied, das gleichzeitig ein Gebet ist:
Lehre mich glauben, Herr, lehre mich flehn,
eilend die Zeit vergeht, lehre mich flehn!
Sieh meine Schwachheit an,
nimm mir des Kleinmuts Bann,
damit ich siegen kann!
Lehre mich flehn!
Damit grüße ich Euch für heute ganz herzlich,
Euer Bruder
Karl- Heinz Pohle