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Juli

Von hinten und vorn hast du mich umschlossen, du hast deine Hand auf mich gelegt.Psalm 139, 5

Liebe Geschwister,

vielleicht bilde ich es mir nur ein, aber ich hatte beim Lesen den Eindruck, dass der Tonfall bei dieser Ãœbersetzung ein etwas anderer ist, als bei dem mir vertrauterem „von allen Seiten umgibst du mich und hältst deine Hand über mir“. Eine andere Ãœbersetzung sagt sogar: „von rückwärts und vorne schließt du mich ein“.

Das klingt für unsere Freiheit liebenden Ohren gar nicht gut. Haben die Leute vielleicht doch recht, die behaupten, dass „Religion“ eher schädlich ist, weil sie die Menschen einengt und nicht zu ihrer ganzen Entfaltung und zu wirklicher Freiheit kommen lässt? Im Namen der Freiheit sind jedenfalls Revolutionen angezettelt und Kriege geführt worden.

Prüfen wir aber einmal die Produkte menschlichen Strebens, auf denen groß das Prädikat „frei“ steht oder stand, ob sie wirklich so eine Erfolgsbilanz sind, wie man uns glauben lässt. Heute verbirgt sich dieser Drang eher hinter dem modernen Mäntelchen der „Toleranz“. Welch enge Grenzen die Toleranz der ach so Toleranten gerade gegenüber Glaubenden hat, war in letzter Zeit häufig zu merken, wenn Christen mit festem Standpunkt madig gemacht wurden oder klare Aussagen der Bibel missachtet und ins Gegenteil verkehrt werden. Solche Leute hat es aber immer gegeben und sie sind schon eine Anfechtung für den Glauben.

Ganz fremd scheinen solche Anfechtungen auch dem David nicht gewesen zu sein, denn er erwägt immerhin, was wäre, wenn er vor Gott fliehen würde (Verse 7-12). Der große Unterschied bei ihm ist aber, dass er diese geheimsten Gedanken und Fragen im Zwiegespräch an Gott selbst richtet und mit der Zeit fast von selbst Antworten des Glaubens findet. Es ist nämlich eine Selbsttäuschung zu glauben, der Mensch sei das Maß aller Dinge und aus diesem Grund berechtigt und in der Lage, selbst zu bestimmen, was gut und richtig für ihn ist. So kann man nur denken, wenn man meint, das Zufallsprodukt irgendeiner Entwicklung zu sein, in der sich das Bessere und Stärkere durchgesetzt hat und weiterhin durchsetzen wird.

Der Mensch des Glaubens hat da ganz andere Voraussetzungen. Er kann darüber staunen, auf welch erstaunliche, wunderbare Weise er gemacht worden ist (Vers 14), und damit ist ganz sicher nicht nur der menschliche Zeugungsakt gemeint, sondern die geniale Konstruktion unseres Körpers und das wunderbare Zusammenspiel der einzelnen Organe, das wir meist erst bemerken, wenn es durch Krankheiten oder Unfälle aus der Bahn geraten ist.
Übrigens ist in dem Zusammenhang davon die Rede, dass Gott bereits den Keim oder Embryo menschlichen Lebens sieht und dass Er schon vorher einen Plan für jedes Leben hat und auch weiß, wie es verlaufen wird. Wir haben also keine letzte Verfügungsgewalt, weder über unser eigenes Leben und schon gar nicht über das Leben anderer, ganz gleich in welchem Stadium es sich befindet.

Wenn man das weiß, dann ist es doch nur logisch, dass man sich an den „Erfinder“ oder den „Konstrukteur“ menschlichen Lebens wendet, wenn es Probleme gibt, oder wenn man einfach wünscht, dass es gelingen möge. Wir werden einmal staunen, welch gute Gedanken Gott für jedes einzelne Leben hatte. Aber noch besser ist, schon jetzt wenigstens ansatzweise zu erkennen, was Gott von uns will.Das kann uns Umwege und schmerzliche Erfahrungen, auch das Hadern mit Gott ersparen. Und dann wird uns auch das Gefühl vermeintlicher Enge oder die Angst vor dem „gläsernen“ Menschen“, die heute solch ein Schlagwort und sicher auch real, in Bezug auf Gott aber noch viel umfassender ist, nicht mehr zu schaffen machen können.

Im Gegenteil kommt David am Ende seines Gebetes zu einer ganz unerwarteten Bitte: „Erforsche mich Gott, und erkenne mein Herz. Prüfe mich und erkenne meine Gedanken! Und sieh, ob ein Weg der Mühsal bei mir ist, und leite mich auf dem ewigen Weg!“ (V.22 f)
Das ist doch die eigentliche Geborgenheit des Menschen, wenn er sich in der Hand eines viel Größeren und Stärkeren weiß, der ihn zudem noch über alles liebt.

Mir ist da das Bild von der Glucke vor Augen, die bei drohender Gefahr, z. B. einem über ihnen kreisenden Habicht, die Küken unter ihre Flügel nimmt, um sie so zu verbergen und zu schützen. Wie oft mag Gott so an uns handeln, ohne dass wir es merken!

All diese Gedankengänge kommen in einem uns gut bekanntem Lied zum Ausdruck, mit dessen 2. Vers ich heute schließen und Euch alle herzlich grüßen möchte:

Jetzt noch verhüllt erscheinen mir des Vaters Weg und Führung hier;
doch droben werd´ ich deutlich schaun, wie gut es ist, Ihm zu vertraun.
Und dann wird alles offenbar, was mir verhüllt und dunkel war,
und jubelnd sing ich dort am Thron das Lied des Lammes, Gottes Sohn!

Euer Bruder
Karl-Heinz Pohle