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Meine Stärke und mein Loblied ist Jah, denn er ist mir zur Rettung geworden.
2. Mose 15, 2
Liebe Geschwister,
wenn ich mich nicht irre, ist dies das erste Mal, dass die Bibel vom Singen spricht, einer wunderbaren Gabe Gottes, an der sich bis heute die Menschen erfreuen.
Von Musik wird schon viel eher berichtet: Einer der Nachkommen Lamechs wird als Vater aller Saiten- und Flötenspieler bezeichnet (1. Mose 4, 21). Dort ist auch eine Art Lobeshymne vom Lamech überliefert, die aber nur sich selbst zum Mittelpunkt hat. Solche Zeitgenossen sind uns eher unangenehm und nicht umsonst sagt der Volksmund „Eigenlob stinkt!“
Und trotzdem wird bis heute rege davon Gebrauch gemacht, ob bei Wahlkämpfen oder auch in kleinerer Form z. B. bei Bewerbungsschreiben, weil es in gewisser Weise so erwartet wird.
Bei den ersten zwei Worten unseres heutigen Bibelwortes hatte ich kurzzeitig auch den Eindruck, als wollte sich da einer in den Vordergrund schieben: „meine Stärke...“. Aber ganz schnell macht der Sänger klar, dass es nicht um ihn selbst geht, zumal er nur einer von vielen ist, die ähnliche Erfahrungen gemacht haben, nämlich die Erfahrung, gerettet worden zu sein. Darüber wird gleich noch etwas mehr zu sagen sein, aber zunächst bin ich noch an zwei Eigentümlichkeiten hängen geblieben. Die erste ist die Zusammenstellung von 2 Begriffen, die ich so nicht in einem Atemzug nennen würde: „Stärke“ und „Loblied“. Aber dann habe ich doch einen Zusammenhang erkannt, der wahrscheinlich sogar sehr wichtig ist: Auf der einen Seite ist es die Auswirkung der erfahrenen Rettung oder Hilfe nach innen (Stärke) und auf der anderen die Wirkung nach außen (Loblied). Beides gehört untrennbar zusammen!
Die zweite ist die eigenartige Gottesbezeichnung „Jah“. Das ist eine Kurzform des von Gott selbst geoffenbarten Gottesnamens JHWH, von dem man bis heute nicht 100%ig weiß, wie er ursprünglich ausgesprochen wurde, weil in hebräischen Texten lange Zeit nur die Mitlaute niedergeschrieben wurden. Und später bei der Einführung der Vokalzeichen hatte man eine solche Ehrfurcht vor dem Gottesnamen, dass man ihn gar nicht mehr in den Mund nahm.
So kam es, dass über Jahrhunderte die nicht ganz korrekte Aussprache „Jehova“ in der Bibel stand, während man heute eher „Jahwe“ sagt. Aber das ist nicht das Entscheidende.
Wichtiger ist, was sich hinter diesem Namen verbirgt.. Und im wahrsten Sinne des Wortes bleibt noch manches verborgen, weil Gott trotz dieser Offenbarung noch nicht alles von seinem Wesen preisgegeben hat. So rätseln bis heute Gelehrte, wie dieser Name zu deuten sei:
„Ich bin der Ich-bin“ oder „der sich-gleich-Bleibende“ oder einfach nur „Ich bin da“?
Deutlicher und für uns verständlicher wird die Offenbarung Gottes in seinem Sohn Jesus Christus, der mit seinen vielen „Ich bin...“-Aussagen seine Gottessohnschaft untermauert, aber zugleich auch vieles vom Wesen Gottes enthüllt. Es lohnt sich, mal mit Hilfe einer Konkordanz all diese Worte heraus zu suchen und im einzelnen darüber nachzudenken.
Er ist es aber auch, der uns den „Vater“ nahe bringt, zu dem wir jetzt sogar „Abba“ sagen dürfen (Rö. 8, !5). Für die Israeliten eine noch unvorstellbare Sache.
Damit zurück zu unserem heutigen Text, denn es ist das Volk Israel, das obige Worte singt. Aber von welcher Rettung ist hier die Rede? Auch das ist nicht mit einem Satz gesagt. Aktueller Anlass war natürlich der wundersame Durchzug durch das Schilfmeer, während die feindliche Streitmacht in den Fluten umkam. Man kann sich die Existenzangst des Volkes gar nicht groß genug vorstellen, die zuvor geherrscht hatte: Was so gut begonnen hatte, endete nun offensichtlich in einer Sackgasse. Links und rechts unüberwindliche Gebirge, vor einem versperrte das Meer das Weiterkommen und eine Umkehr wäre Selbstmord gewesen, weil die geballte Feindesmacht hinter ihnen her war. So etwas brennt sich in der Volksseele ein.
Aber die Geschichte Gottes mit seinem Volke hatte ja schon viel früher begonnen und sie war mit dem Wunder vom Schilfmeer noch lange nicht zuende. Schon in diesem Dankeslied wird erstaunlicherweise der Bogen zu künftigen Ereignissen gespannt, die noch nicht abzusehen waren. Und später wird in den Psalmen immer wieder Bezug auf die einzigartige Geschichte
des Volkes Gottes genommen (z. B. Ps. 105, Ps. 106, Ps. 136 u. a.)
Dieses Erinnern ist äußerst wichtig, weil der Mensch dazu neigt, selbst solche existenziellen Erfahrungen zu verdrängen und die Dinge später in anderem Lichte zu sehen. Immer wieder hat Gott davor gewarnt, sein gnädiges Handeln zu vergessen und die „Erfolge“ sich selbst oder anderen Kräften zuzuschreiben. Das unterstreicht nochmals, wie wichtig der vorhin angesprochene Zusammenhang zwischen „Stärke“ und „Loblied“ ist. Es ist überaus wichtig, von den Taten Gottes im persönlichen Leben, in der Familie, in unserem Volke und in der Gemeinde zu reden und zu singen. Einmal aus Dankbarkeit, zum anderen, um bewahrt zu bleiben. Und das ist nicht nur auf die Anbetungsstunde oder Lobpreisgottesdienste begrenzt.
Wir haben ja eine noch viel größere Errettung als das Volk Israel erlebt: Wir sind befreit von der Macht des Teufels (Hebr.2, 14+15), von der Knechtschaft der Sünde (Joh. 8, 34-36), vom Zorn Gottes (Rö. 5, 9) und dem Gericht (Joh. 5, 24).
Ich weiß aus eigener Erfahrung, dass es da unterschiedliche Zeiten gibt, dass einem nicht immer zum Singen zumute ist, dass auch die Stimme mit zunehmendem Alter zu schaffen macht, aber es geht hier um eine Grundhaltung und man kann ja auch, wenn es nicht anders geht, im Herzen dem Herrn singen und spielen. Auf jeden Fall sollten wir uns gegenseitig immer wieder zum Lobe Gottes anspornen (Eph. 5, 19+20).
In der Liebe Jesu verbunden grüßt Euch
Euer Bruder
Karl-Heinz Pohle