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März

Auch ihr nun habt jetzt zwar Traurigkeit, aber ich werde euch wiedersehen und euer Herz wird sich freuen, und eure Freude nimmt niemand von euch.

Joh. 16, 22


Lieber gläubiger Leser,

beim Lesen dieses neuen Monatsspruches wurde mir bewusst, dass wir in der Fastenzeit leben. Ich meine dabei nicht in erster Linie die Fastenzeit, die laut Kirchenjahr am Aschermittwoch beginnt und zu Ostern endet, sondern die, von der der Herr Jesus einmal gesprochen hat.

Er wurde ja gefragt, warum die Jünger der Pharisäer und die Jünger Johannes des Täufers oft fasteten, seine Jünger aber normal aßen und tranken (Lk. 5, 33 –35). Seine Antwort kennen wir: „Kann man denn die Hochzeitsgäste fasten lassen, solange der Bräutigam bei ihnen ist. Es werden aber Tage kommen, da ihnen der Bräutigam genommen sein wird, dann werden sie fasten in jenen Tagen.“ Das war in die aktuelle Situation der Jünger hinein gesprochen, denn der HERR JESUS stand im Begriff, sein Versöhnungswerk in Jerusalem und auf Golgatha zu vollenden. Dann würde er zunächst kurzzeitig und später dann für immer von ihnen getrennt sein. Was das für sie bedeutete, die über Jahre hautnah mit ihm verbunden gewesen waren, können wir kaum nachempfinden. Später erleben wir ja dann auch, wie niedergeschlagen und enttäuscht, verängstigt und gelähmt sie waren. Genau in diese Lage hinein wollte der HERR im Voraus eine Hoffnung bringen.

Schön für die Jünger, wirst Du sagen, aber was hilft uns das? Sind wir nicht in einer noch viel ungünstigeren Lage, denn wir haben den HERRN ja noch nie gesehen.

Es wäre unehrlich zu behaupten, dass mir das gar nichts ausmacht, z. B. im Gebet mit einem Gegenüber zu reden, von dem man so gar kein Bild vor Augen hat. Ich weiß nicht, wie es Euch geht. Es mag andere Menschen geben, die ein besseres Vorstellungsvermögen und eine größere Phantasie haben, und ich staune ehrlich, zu welchen Gedankengängen und auch wunderbaren For- mulierungen über GOTT manche Christen fähig sind. Ich selber bin sehr auf das Sehen und Hören angewiesen, nicht nur im Geistlichen.

Wie kann uns das obige Wort trotzdem oder gerade deswegen eine Hilfe sein?

Da ist zunächst die ganz nüchterne Feststellung, dass wir jetzt Traurigkeit haben. Es ist also nichts Unnormales, wenn uns nicht jeden Tag zum Jubeln zumute ist. Gründe, traurig zu sein, gibt es genügend: Der Zustand dieser Welt, die eigene Unzulänglichkeit, die Trennung von lieben Menschen, Krankheit, Tod usw. Dazu kommen oft noch Dinge, die wir uns selbst einbrocken. Auch darüber dürfen wir traurig sein, und wir sollten das nicht verdrängen, sondern aufarbeiten, wenn nötig, mit anderen zusammen. Fraglos können Zeiten des Fastens oder auch der Stille dabei eine gute Hilfe sein.

Auf jeden Fall ist das aber nie eine bodenlose Traurigkeit.

Der HERR JESUS vergleicht in unserem Abschnitt diesen Zustand mit der Zeit vor und während der Geburt eines Kindes. Ich muss das nicht näher beschreiben, wie das ist mit der Übelkeit, den Gemütsschwankungen, den Schmerzen, auch manchen Komplikationen während einer Schwangerschaft. das wissen die Mütter unter euch viel besser. Es gibt sogar Frauen, die sich das deswegen nicht antun wollen und lieber ganz auf Kinder verzichten (vielleicht einer der Gründe, warum unsere Gesellschaft so kinderarm ist). Aber das ist eben nicht die ganze Wahrheit. Sie bringen sich damit auch um die ganze Freude über das Wunder, am Entstehen neuen Lebens beteiligt zu sein. Auch wenn man noch nicht weiß, wie dieses neue Leben in allen Einzelheiten aussehen wird, kann man es fühlen, seinen Herzschlag, bestimmte Bewegungen, und es gibt nicht wenige Mütter, die bereits in dieser Phase eine Zwiesprache mit ihrem Kind halten und eine innige Beziehung aufbauen, was für die weitere Entwicklung des Kindes sehr wichtig ist. Und gekrönt wird das ganze dann bei der Geburt, auch wenn es da nochmals durch die größten Schmerzen geht

Ich denke, dieses Bild, das der HERR JESUS nicht wahllos gebraucht hat, kann uns beim Bejahen und Verstehen unserer eigenen Situation helfen.

Ja, natürlich sind mit dem Christsein Belastungen und Einschränkungen verbunden, die man sonst vielleicht nicht hätte. Das hat der HERR auch nie verschwiegen.

Sicher können wir nicht so unbeschwert leben wie manch anderer, weil wir den Zustand dieser Welt, die Verlorenheit der Menschen oder auch unsere eigene Sündhaftigkeit viel stärker empfinden.

Aber da ist eben auch das neue Leben, das Realität ist, auch wenn es noch „mit dem CHRISTUS verborgen ist in GOTT“ (Kol. 3, 3). Und wir dürfen schon jetzt eine innige Beziehung aufbauen, auch wenn wir unseren HERRN und auch unseren Vater noch nicht sehen können und auch nicht in allen Einzelheiten klar ist, was und wie wir einmal sein werden. Aber dann wird zu sehen sein, dass wir Ihm „wie aus dem Gesicht geschnitten“ sind (1. Joh. 3, 2).

Und wenn uns die jetzige Enge (wie im Mutterleib), vielleicht auch die Enge einer Gemeinde, manchmal zu schaffen machen sollte, dann sollten wir bedenken, dass wir dafür einen bestens geschützten Raum und optimale Bedingungen für Entwicklung und Wachstum haben.

Und noch eins ist mir an unserem heutigen Losungswort aufgefallen: Von der Traurigkeit ist nur einmal die Rede, vom Freuen bzw. der Freude zweimal. Mein Wunsch für uns alle ist, dass das kennzeichnend für unser Leben sein möchte, dass die Freude bei weitem überwiegt.

Der Apostel Petrus bringt diese Thematik in seinen Briefen auf den Punkt, weshalb ich mit dem Zitat von 1. Petr. 1, 3-9 schließen möchte:

„Gepriesen sei der GOTT und Vater unseres HERRN JESUS CHRISTUS, der uns nach seiner großen Barmherzigkeit wiedergeboren (oder wiedergezeugt) hat zu einer lebendigen Hoffnung durch die Auferstehung JESU CHRISTI aus den Toten zu einem unvergänglichen und unbefleckten und unverwelklichen Erbteil, das in den Himmeln aufbewahrt ist für euch, die ihr in der Kraft GOTTES durch Glauben bewahrt werdet zur Errettung, die bereit ist, in der letzten Zeit geoffenbart zu werden. Darin frohlocket (jubelt) ihr, die ihr jetzt eine kleine Zeit, wenn es nötig ist, in mancherlei Versuchungen betrübt worden seid, damit die Bewährung eures Glaubens viel kostbarer erfunden wird als die des vergänglichen Goldes, das aber durch Feuer erprobt wird, zu Lob und Herrlichkeit und Ehre in der Offenbarung JESU CHRISTI; den ihr liebt, obgleich ihr ihn nicht gesehen habt; an den ihr glaubt, obgleich ihr ihn jetzt nicht seht, über den ihr mit unaussprechlicher und verherrlichter Freude frohlockt; und so erlangt ihr das Ziel eures Glaubens: die Errettung der Seelen.“

Für heute herzliche Grüße

Karl- Heinz Pohle