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April

Er hat den Schuldbrief getilgt, der mit seinen Forderungen gegen uns war, und hat ihn weggetan und an das Kreuz geheftet.

                                                                                          Kolosser 2,14

 Lieber gläubiger Leser,

um zu beschreiben, was bei der Erlösungstat am Kreuz von Golgatha für uns Menschen geschehen ist, verwendet der Apostel Paulus Begriffe wie „Schuldbrief“, „Tilgung“ oder „Forderungen“, die den aktuellen Diskussionen zur Finanz- und Wirtschaftskrise entnommen sein könnten, den meisten von uns aber ziemlich fremd vorkommen. Vielleicht die Älteren, die die Zeit vor dem 2. Weltkrieg, die damalige Weltwirtschaftskrise und die Inflation erlebt haben, wissen etwas damit anzufangen, oder zwangsläufig die „Häuslebauer“. Wir anderen hatten vermutlich das erste Mal bei der Finanzierung unseres Gemeindebaus mit zinslosen Krediten und deren Tilgung zu tun.

Aber offensichtlich ist das schon immer ein Thema gewesen, wenn auch nicht dem Ausmaß wie heute. Wir wollen das jetzt nicht breit erörtern, denn viele können dieses Thema kaum noch hören, nur einige Zusammenhänge zum besseren Verständnis. Da kommen Menschen unverschuldet oder selbst verschuldet in Situationen, in denen sie ihr Leben ohne fremde Hilfe nicht mehr selbst bewältigen. Bei „unverschuldet“ denke ich z. B. an die Folgen der Hungersnot in Ägypten, von denen uns in 1. Mose 47, 13-26 berichtet wird, oder auch an die Geschehnisse zur Zeit Nehemias, die wir kürzlich betrachtet haben (Neh. 5).

Bei „selbst verschuldet“ kommt mir das Gleichnis vom verlorenen Sohn in den Sinn (Lk. 15). Da geht ein Mensch unvernünftig mit Geld um, auf das er eigentlich noch keinen Anspruch hatte und lebt über seine Verhältnisse. Die Katastrophe ist damit vorprogrammiert.  Besser kann man die Situation des Menschen, in natürlicher wie auch in geistlicher Hinsicht, nicht beschreiben: Wir alle leben auf Pump, denn die Welt, in der wir leben, gehört uns nicht, und es sind nicht nur Christen, die mahnen, dass wir über unsere Verhältnisse leben.  Aber noch dramatischer ist es in geistlicher Hinsicht: Gott hat die besten Voraussetzungen für das Gelingen menschlichen Lebens geschaffen. Er hat ihn mit guten Gaben ausgestattet, mit Verstand, Würde, Verantwortungsbewusstsein, Kreativität, Vitalität und vielem mehr. Er hat gute Vorgaben gegeben und Hilfe und Schutz in der Abhängigkeit von Ihm angeboten.
Und wir Menschen setzen uns großzügig darüber hinweg und geraten damit immer tiefer in die „roten Zahlen“. Hier hilft nur eine „Privatinsolvenz“, das Eingeständnis, dass ich Gott gegenüber eine Schuld habe, die ich nicht mehr begleichen kann. Schon im natürlichen Leben ist das kein leichter Schritt, weshalb so mancher lieber dauernde Mahnschreiben, drastische Verzugszinsen oder gar Pfändungen in Kauf nimmt, bis ihn die Last erdrückt oder aber ein Gerichtsverfahren droht. Aber Gott gegenüber zuzugeben, dass man eben doch nicht alles im Griff hat, dass man mit dem von Ihm Anvertrauten nicht in Seinem Sinne umgegangen ist, dass man in vielfältiger Weise schuldig geworden ist, das fällt vielen noch schwerer, obwohl bekannt ist, dass auch hier die letzte Instanz das „Jüngste Gericht“ ist. Die Anklageschrift ist schon geschrieben. Dafür hat schon der „Hauptankläger“, der Teufel, gesorgt.

Aber nun wird in unserem heutigen Bibelwort etwas ausgesagt, was der Kern der Frohen Botschaft ist: Jesus Christus hat die Schuldbriefe eines jeden von uns eingesammelt und nicht nur ungültig gemacht, indem Er sie ans Kreuz heftete, sondern eingelöst, als Er sich selbst ans Kreuz heften ließ und Punkt für Punkt stellvertretend „abgearbeitet“ hat. Nicht nur die Dinge, wo wir Gott etwas schuldig geblieben sind, sondern auch die, die wir willentlich und aktiv getan haben (lies dazu Jes. 53, 4-7). Wer das akzeptiert und das stellvertretende Opfer Jesu Christi annimmt, der kann schon jetzt aufatmen, weil er endlich die erdrückende Last von den Schultern genommen bekommen hat. Er muss auch ein künftiges Gericht, das nach der Aussage der Bibel unausbleiblich ist, nicht fürchten, weil der, der allein das Recht hätte, uns anzuklagen, unser Verteidiger ist.

Vielleicht haben wir, die wir schon länger auf dem Glaubensweg sind, uns schon zu sehr an diese Gedanken gewöhnt, dass sie uns wie selbstverständlich vorkommen. Das sind sie aber ganz und gar nicht, deshalb sollten sie uns immer wieder zur Anbetung führen. Ich möchte deshalb auch mit einem bekannten Anbetungslied, das diese Thematik zum Inhalt hat, die heutige Betrachtung abschließen:

Die Handschrift ist zerrissen, die Zahlung ist vollbracht.
Er hat mich´ s lassen wissen, dass Er mich frei gemacht,
Er, der versank in bittren Tod, und der für meine Seele sich selbst zum Opfer bot

Ich weiß sonst nichts zu sagen, als dass ein Bürge kam,
der meine Schuld getragen, die Rechnung auf sich nahm
und sie so völlig hingezählt, dass von der ganzen Menge auch nicht ein Stäublein fehlt.

Herzliche Grüße und eine gesegnete Passions- und Osterzeit,

Euer

Karl- Heinz Pohle