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Liebe Geschwister,
dieses Verheißungswort wurde vor etwa 2500 Jahren gesprochen. Weitergegeben wurde es von einem Mann, der zumindest die babylonische Gefangenschaft, vielleicht auch schon die Deportation miterlebt hatte und nun die Chance zur Heimkehr bekam: Sacharja, einer von 3 Propheten nach dem Exil und damit einer der letzten vor der Jahrhunderte langen Funkstille.
Was solch eine Nachricht auslöst, kann wahrscheinlich nur der nachempfinden, der selbst in einer ähnlichen Situation gewesen ist. Manche unserer älteren Brüder waren ja wie so viele andere nach dem Krieg „in Gefangenschaft“. Einige haben ihre oft traumatischen Erlebnisse, ihre Entbehrungen und Ängste, die Sorge, was sie später erwarten wird, und wie sie dann doch nach Hause gekommen sind, der jüngeren Generation mitgeteilt. Das ist oft spannend zu hören, aber hilfreich ist es vor allem dann, wenn dabei das gnädige Eingreifen und Handeln Gottes sichtbar wird. Genau das will dieser Zuspruch deutlich machen: bei allem persönlichen Schicksal geht es um weit mehr als unser individuelles Wohlergehen. Gott schreibt Geschichte und ER sorgt dafür, dass es trotz mancher Gerichtswege letztlich eine Heilsgeschichte ist und wird. Vieles wird dabei erst im Rückblick deutlich.
Auch in unserem Text kann man nicht säuberlich trennen, was in die aktuelle Situation für die nahe Zukunft oder für die kommende Heilszeit des Volkes Israel oder der Völkerwelt gesagt worden ist. Erschwerend kommt damals wie heute dazu, dass die Fakten oft eine andere Sprache sprechen und die gegenwärtigen Erfahrungen eher enttäuschend sein können. Ich musste an die Leute aus Israel denken, die mit Begeisterung in die Heimat zurückkehrten und sich an den Wiederaufbau des Tempels und der Stadtmauer begaben. Mit wie viel Gegenwind mussten sie kämpfen, wie viel eigene Missstände raubten ihnen die Kräfte, und bei aller Freude über das Erreichte schwang auch immer etwas Wehmut mit (Esra 3, 12).
Auch heute geht es uns so. Zwar freuen wir uns über die Heimführung des Volkes Israel in sein Land, aber dieses Volk ist in unseren Augen noch weit davon entfernt, ein Segen für die ganze Welt zu sein. Und wie steht es um die Gemeinde Jesu? Die weltweite Verbreitung des Evangeliums ist sicher ein Grund zur Freude, aber muss uns nicht auch ihre Zerrissenheit und ihre mangelnde Zeugniskraft traurig machen? Vertrauen wir trotzdem auf die Zusagen unseres Gottes? ER spricht sein „Ich werde…“ und lässt damit keinen Zweifel aufkommen, dass es geschieht. Anbruchhaft ist es ja auch schon geschehen, was ER verheißen hat. Unsere Errettung in Christus Jesus, die allerdings noch auf die Vollendung wartet. Und dass wir ein Segen für diese Welt sind, denn das ist der Grund, dass wir noch immer auf dieser Erde sind und Gott noch keinen Schlussstrich unter die Geschichte gezogen hat. Genauso wird Gott mit seinem Volk Israel zum Ziel kommen.
Ich muss es nochmals sagen: Wir müssen nicht jede Einzelheit verstehen oder die genauen Abläufe im Voraus kennen. Wichtig ist, dass die Zusagen Gottes bei uns Hoffnung und Glauben wecken und uns zu konkretem Handeln anleiten. So verstehe ich jedenfalls den zweiten Teil unseres Monatsspruches, der vom Überwinden der Furcht und vom Stärken der Hände spricht. Was könnte letzteres bedeuten? Mir fallen spontan zwei Dinge ein, die damit in Verbindung gebracht werden können. Das ist einerseits das konkrete Gebet für die Belange des Volkes Gottes (vergl. 2. Mose 17, 12) und Einzelner, oder für die Nöte dieser Welt und zum anderen das beherzte Anpacken praktischer Aufgaben, die uns Gott vor die Füße legt. Beides tut gerade in unserer Zeit bitter not.
Erlaubt mir noch eine kleine Abschweifung. Ich weiß nicht, warum ich bei manchen dieser Überlegungen an unser deutsches Volk denken musste. Mir ist bewusst, dass Deutschland keine besonderen biblischen Verheißungen hat. Viele Christen sehen die aktuelle Politik auch nicht unbedingt als Betätigungsfeld für die Gemeinde an. Aber dürfen wir nicht zumindest für ein Volk beten, dass in anderer Weise als das Volk Israel ein „Fluch“ gewesen ist, durch die Weltkriege und die totalitären Regime, aber auch durch ihren geistlichen und ethischen Niedergang, dass es wieder zu einem Segensträger werden kann. Gott hat unserem Volk so viel geschenkt! Und sollten wir nicht aufhören, über die gegenwärtigen Zustände zu klagen, sondern besser in unserem Umfeld das uns Mögliche tun, als Einzelne und als Gemeinde.
Entschuldigt, wenn bei alledem kein Gedanke an Advent und Weihnachten dabei war, auf die wir ja nach dem Kalender zugehen. Aber vielleicht hat das Gesagte mehr damit zu tun, als wir denken, wenn wir uns vergegenwärtigen, was für eine Zeit damals war und was Gott in Gang gesetzt hat, um seine Verheißungen zu erfüllen. Ich wünsche Euch eine gesegnete Advents- und Weihnachtszeit und gestärkte Hände,
Euer
Karl- Heinz Pohle