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Juni

In Wahrheit begreife ich, dass Gott die Person nicht ansieht, sondern dass in jeder Nation, wer ihn fürchtet und Gerechtig-  keit  wirkt, ihm angenehm ist.

                                                            Apostelgeschichte 10,34

 Liebe gläubige Leser,

es gibt immer wieder einmal solche Momente, wo es einem wie Schuppen von den Augen fällt und man plötzlich den Sinn einer Sache versteht oder gewisse Zusammenhänge erkennt. Solch einen Augenblick erlebt hier Petrus im Hause des römischen Hauptmanns Kornelius. Aber welche Nachhilfe und Weichenstellung von Seiten Gottes war dazu nötig gewesen. Ich muss die Geschichte mit dem leinenen Tuch sicher nicht erzählen, sie ist uns allen gut bekannt (V. 10-16). Für sich betrachtet, ist sie uns unverständlich und sieht eher nach einer Provokation oder Versuchung aus. Erst später wird deutlich, wie nötig diese „Lektion“ war.

Vielleicht wundern wir uns über solche Begriffsstutzigkeit bei Nachfolgern Jesu, die zum einen das Alte Testament bestens kannten und 3 Jahre lang Lehre und Leben Jesu studieren konnten. Und wenn man vor Pfingsten noch manches „entschuldigen“ konnte, jetzt hatten sie doch den Heiligen Geist, hätten sie da nicht von selbst darauf kommen müssen? Hatte nicht Gott schon bei der Erwählung Abrahams davon gesprochen, dass in ihm alle Geschlechter der Erde gesegnet werden sollen (1. Mose 12, 3) und sollte nicht das Volk Israel Modell und Ausgangspunkt für den umfassenden Heilsplan Gottes sein, ein Königtum von Priestern (2. Mose 19, 6)? Dann die vielen klaren Hinweise in den prophetischen Büchern.

Und hatte nicht Jesus selbst bei seinem Abschied davon gesprochen, dass sie Seine Zeugen sein sollten bis ans Ende der Erde (Apg. 1, 8), aber es musste erst zu einer Verfolgungswelle kommen, ehe sie diesem Auftrag über ihre Grenzen hinaus gerecht wurden (Apg. 8, 1). Jedoch Vorsicht mit einem zu schnellen Urteil! Sind wir denn wirklich besser?  Wissen wir nicht spätestens seit David, dass Gott nicht zuerst auf das Äußere schaut, sondern das Herz ansieht (1. Sam. 16, 7), und doch machen wir Unterschiede und handeln oft nach Sympathie oder Antipathie. Leider auch im geistlichen Bereich. Wir wissen, dass Gott will, dass alle Menschen errettet werden und zur Erkenntnis der Wahrheit kommen  (1. Tim. 2, 4), und wir treffen, vielleicht unbewusst, eine Auswahl, wer dafür geeignet ist und wer nicht.
Doch halt, enthält die heutige Geschichte nicht selbst einen Widerspruch in dieser wichtigen Sache? Einerseits wird gesagt, dass Gott die Person nicht ansieht, und andererseits wird dem Kornelius bescheinigt, dass Gott seine Gebete und seine Almosen sehr wohl gesehen hat und sie Einfluss auf Sein weiteres Handeln haben. Und wenn in unserem heutigen Bibelwort von Menschen gesprochen wird, die Gott angenehm sind, muss man da nicht schlussfolgern, dass es auch welche gibt, die Ihm unangenehm sind?

Mir fällt da spontan die Aussage Gottes ein: Jakob habe ich geliebt, aber den Esau habe ich gehasst (Rö. 9, 13). Macht Gott also doch Unterschiede und kann man bei Ihm Plus- oder Minuspunkte sammeln? Ja und nein!  Ich will versuchen, diese Antwort zu begründen.

Natürlich ist es Gott nicht egal, wie wir leben, unabhängig davon ob wir Christen sind oder nicht. Gott hat uns zu seinem Gegenüber gemacht, er hat uns bestens ausgerüstet, aber uns auch in die Verant-wortung gestellt, wie wir mit seiner Schöpfung, dem Nächsten und mit Gott selbst umgehen. Und das beurteilt Gott durchaus. Er würde sich nicht die Mühe machen, Bücher über das Leben eines jeden Menschen zu führen, in denen alles Gute und alles Böse vermerkt ist, wenn das nicht von Belang wäre. Ich bin davon überzeugt, dass das bei uns Christen auch Auswirkungen darauf hat, welche „Position“ wir einmal im Himmel haben werden, und es ist erstaunlich, welcher Stellenwert in diesem Zusam-menhang einem Becher Wasser oder einem Krankenbesuch beigemessen wird (Mt.10, 42 u. 25, 36).

Wir haben also schon Einfluss darauf, wie wir vor Gott dastehen, ob wir ihm angenehm oder unangenehm sind, ob er uns für diese oder jene Sache gebrauchen kann oder nicht.
Nur über eines muss sich jeder im Klaren sein: Wir können noch so viele Pluspunkte in unserem Leben sammeln, es wird nie dazu ausreichen, unser übergroßes Defizit Gott gegenüber auszugleichen. Deshalb wird in Rö. 3, 23 nüchtern festgestellt: „Denn es ist kein Unterschied, denn alle haben gesündigt und erreichen nicht die Herrlichkeit Gottes.“ Zum Glück ist an dieser Stelle der Satz noch nicht zuende, sondern es heißt weiter „und werden umsonst gerechtfertigt durch Seine Gnade, durch die Erlösung, die in Christus Jesus ist“.

In dieser Hinsicht gilt, dass es bei Gott kein Ansehen der Person gibt, d. h., dass Gott keine Einschränkungen oder Vorbedingungen hinsichtlich Volkszugehörigkeit, Bildungsstand, gesellschaft-licher Stellung, Vermögen, Form der Frömmigkeit o. ä. stellt, sondern jederm ohne Ausnahme Heil und ewiges Leben in der Gemeinschaft mit Gott angeboten wird. Das ist das Neue und Einmalige seit dem stellvertretenden Opfer Jesu, Seiner Auferstehung und des Geschenks des Heiligen Geistes als lebensverändernde Kraft, dessen Austeilung wir zu Pfingsten feiern. Diese Botschaft sollten wir neu für uns selbst bekräftigen und dankbar bezeugen, aber eben auch uneingeschränkt an andere weiter-geben.

In diesem Sinne grüßt Euch

Euer   

Karl- Heinz Pohle