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Dezember

Kehrt um! Denn das Himmelreich ist nahe.

                                          Evangelium Matthäus 3, 2


Lieber gläubiger Leser,

uns ist wahrscheinlich die Formulierung „Tut Buße“ besser vertraut, aber ich fürchte, viele unserer Zeitgenossen können mit solchen "Fachausdrücken" nicht mehr viel anfangen (deshalb würden sie auch in Sachsen gerne den „Bußtag“ als Feiertag abschaffen) oder sie deuten es in Richtung „Büßen“, also Wiedergutmachen, einen Teil der Schuld abtra- gen. Aber darum geht es nicht vordergründig, sondern um eine totale Kehrtwende im Denken und Handeln, und genau genommen um einen Machtwechsel im eigenen Leben.

Bei Johannes dem Täufer, von dem dieses Wort stammt, antworteten die Menschen, die das verstanden hatten, mit der Bereitschaft, sich taufen zu lassen. Taufen oder rituelle Waschungen waren in Israel zwar gut bekannt, aber in dieser Form wurde die Taufe eigentlich nur für Proselyten, also für Leute aus dem Heidentum angewendet. Wenn jetzt Menschen aus dem „Gottesvolk“ das an sich geschehen ließen, dann war das ein starkes Bekenntnis von Schuld und Heilsbedürftigkeit. Das ist die Taufe bis heute geblieben, auch wenn die „Glaubenstaufe“ noch mehr beinhaltet als die Johannestaufe, aber darauf will ich jetzt nicht näher eingehen.

Auch das Thema „Bekehrung“ wurde schon im  Juli angesprochen und ich will es heute nicht wesentlich vertiefen. Aber wir wollen uns ein wenig ansehen, wie hier die Notwen-digkeit einer Umkehr begründet wird, nämlich: Denn das Himmelreich ist nahe. Zunächst bin ich formal über die Wortwahl gestolpert: Wenn etwas nahe ist oder auf einen zu- kommt, ist es da nicht besser, darauf zuzugehen? Es sei denn, es ist etwas Unerwünsch- tes oder Gefährliches, dem man am liebsten ausweichen möchte. Aber das kann man doch sicher nicht vom „Himmelreich“ sagen? Was verbirgt sich überhaupt hinter diesem Ausdruck? Es ist dasselbe wie „Reich Gottes“, nur dass aus Ehrfurcht der Name Gottes umschrieben wurde.

Für damalige Hörer war das keine abstrakte Größe, sondern es verbanden sich damit klare Vorstellungen: Gott würde den versprochenen Retter senden, der das Gottesvolk von der Fremdherrschaft befreien und eine Segenszeit für Israel und die ganze Welt einleiten würde. Ausgangspunkt oder Höhepunkt sollte der „Tag des HERRN“ sein, auf den mehrere Propheten Bezug nahmen, an dem Gott sichtbar die Herrschaft auf der Erde antreten würde. Dass diesem Tag schmerzliche Ereignisse vorausgehen sollten, und auch der Tag selbst nicht nur Freude auslösen würde, überhörte man zum großen Teil. Doch es gab zu allen Zeiten und auch zur Zeit Jesu Menschen, die diese „Wende“ erwarteten oder herbeisehnten. Denen galt der Zuruf des Johannes, der im Kommen Jesu das Anbrechen dieser Heilszeit sah.

Wir wissen heute, dass sich die Erfüllung dieser Verheißung für Israel hinausgeschoben hat, weil sie den Messias Jesus abgelehnt haben. In der Zwischenzeit wird eine Gemein- de von Glaubenden aus allen Völkern gesammelt, zu der auch wir gehören dürfen. Ob Gott das ursprünglich anders gedacht oder schon immer diesen „Stufenplan“ hatte, ist dabei für uns unerheblich. Schwieriger ist es auseinander zu halten, welche Ereignisse und Zusagen nur für Israel oder nur für die Gemeinde gelten. Wenn wir aber „Reich Gottes“ nicht zuerst als einen geschichtlichen oder heilsgeschichtlichen Abschnitt, sondern eine besondere Form des Regierens und regiert Werdens verstehen (so wie wir z. B. vom „Kaiserreich“ oder „3. Reich“ reden, und damit vordergründig den „Geist“ dieser Zeit mei- nen), dann werden wir viele Parallelen erkennen, weil es ja damals wie heute derselbe HERR ist.

Heute lautet der Aufruf nur eher: „Es ist nahe gekommen das Ende aller Dinge.“ (1. Petr. 4, 7) Aber genau wie damals werden wir aufgefordert, unsere Lebensführung darauf einzustellen (z. B. 2. Petrus 3, 11). Und so wie Johannes seinen Zuhörern dazu praktische Schritte aufzeigte (Lukas 3, 10-14), sind die Gleichnisreden unseres HERRN und die Briefe des Neuen Testamentes voll von Hinweisen, wie wir uns auf die kommenden Ereignisse vorbereiten sollten (ich habe im vorigen Monat dazu einige Bibelstellen angeführt). Weil auch wir Gefahr laufen, dieses „Kehrt um“ zu überhören oder auf andere umzumünzen, sollten wir unser Leben darauf hin überprüfen und so konkret wie möglich darauf antwor- ten. Der Anspruch Gottes an jeden von uns lautet: Seid heilig, denn ich bin heilig!           (1. Petrus 1, 15+16 u. 2, 9).

Wenn jetzt die Advents- und Weihnachtszeit vor uns liegt, dann tun wir gut daran, nicht nur an das Geschehen von Bethlehem zu denken, wo Gott uns in Seinem Sohn so nah wie noch nie gekommen ist, sondern auch daran, dass Jesus Christus wiederkommen wird, vielleicht schon bald, für die Glaubenden zur Heimholung, für die anderen zum Gericht.
Ich wünsche Ihnen eine gesegnete Advents- und Weihnachtszeit,

Ihr  Karl- Heinz Pohle