christen.ws

Sie sind hier: Archiv / Herrnhuter Monats-Losungen / 2010 / März

März

Es gibt keine größere Liebe, als wenn einer sein Leben für seine Freunde hingibt.

                                                               Johannes- Evangelium Kap.15 Vers 13


Lieber gläubiger Leser ,

obwohl dieser Begriff in unserem heutigen Bibelwort fast am Ende steht, bin ich zuerst an dem Wort „Freunde“ hängen geblieben. Was ist eigentlich ein Freund? Ich habe nach einer guten Definition dafür gesucht, aber so richtig befriedigt hat mich nichts von dem, was ich dazu gefunden habe. Also versuche ich einmal, aus mehreren „Bruchstücken“ so etwas wie eine Begriffserklärung zu machen:

Freunde sind Menschen in einer positiven Beziehung zueinander, die auf Zuneigung, Vertrauen und gegenseitiger Wertschätzung basiert. Es gibt dabei Abstufungen, die von Kameradschaft, Interes-sengemeinschaft bis hin zur Selbstaufopferung reicht, bei der dann nicht mehr im Vordergrund steht, wer dabei mehr der Gebende oder der Nehmende ist.

Ein schönes Beispiel aus der Bibel für diese höchste Form der Freundschaft ist sicher die Beziehung zwischen David und Jonathan (1. Sam. 18–20). Auch wenn es unter Freunden so etwas wie „blindes Verstehen“ geben kann, spielt eine gute Kommunikation, ob in direkten Gesprächen, in Telefonaten und jeder Form des schriftlichen Austausches, eine wichtige Rolle. Das wird auch aus dem Zusammen- hang unseres heutigen Textes deutlich, wo der Herr Jesus den Jüngern sagte, dass ER ihnen alles mitgeteilt hat, was ER von seinem Vater gehört hat (Joh. 15, 11-15). Dabei sind mir weitere Aspekte von Freundschaft deutlich geworden: Freunde gehen auf berechtigte Erwartungen des Anderen ein, ohne erst dazu aufgefordert oder gezwungen zu werden. Und sie verschweigen wichtige Dinge nicht vorei-nander (V. 14+15).

Ein wesentliches Merkmal von Freundschaft ist die Freiwilligkeit. Man hat keinen Anspruch darauf und kann sie nicht „einklagen“. Wenn das schon für menschliche Beziehungen gilt, dann erst recht für unser Verhältnis zu Jesus Christus. Eigentlich ist es ein Verhältnis von Sklaven zu ihrem Herrn, der die absolute Befehlsgewalt über sie hat. Dass ER uns dennoch Freunde nennt, ist eine unergründliche Gnade und ein Liebesbeweis. Dieses Bewusstsein sollte uns helfen, trotz aller Nähe in Ehrerbietung mit unserem „Freund“ umzugehen. Nicht wir haben Ihn uns ausgesucht, sondern ER sich uns (V. 16).
Das stärkste Argument dafür, dass das zunächst eine recht einseitige Angelegenheit ist, bringt der Hinweis auf die „größere Liebe“. Fast möchte man den HERRN an dieser Stelle korrigieren: Doch, es gibt eine noch größere Liebe, nämlich wenn jemand sein Leben für seine Feinde hingibt und Du selber hast das ja für uns getan (Rö. 5, 8).

Aber das ist eben der große Ausnahmefall, weil das in dieser Weise nur der Eine tun konnte. Ein Aus- leger sagt zu diesem Sachverhalt sinngemäß: Wenn man so mit den anderen umgeht, dann sind sie eigentlich keine Feinde mehr. Genau das darf für uns selbst die beglückende Realität sein und uns zuallererst immer wieder zum Danken und Anbeten führen. Welche Konsequenzen hat das aber noch für uns? Nun, diese „Freundschaft“ darf auf Dauer keine Einbahnstraße bleiben. Das Übergewicht wird zwar immer auf Seiten des HERRN sein, aber ER kann mit Recht erwarten, dass wir Seine Liebe erwi- dern. Das geschieht dadurch, dass wir freiwillig auf Seine Gedanken eingehen: „Ihr seid meine Freun- de, wenn ihr tut, was ich euch gebiete“ (V. 14), und eines Seiner Gebote ist, „dass ihr einander liebet, wie ich euch geliebt habe“ (V. 12). Aber geht denn das? Wir haben doch gerade festgestellt, dass das Werk Jesu einmalig ist. Es geht hier auch gar nicht um den stellvertretenden Opfertod für andere, weil wir das gar nicht leisten können (Ps. 49, 8). Es geht vielleicht auch nicht darum, dass wir alle zu Mär- tyrern werden, auch wenn Johannes einmal schreibt, dass wir schuldig sind, für die Brüder (und Schwestern) das Leben darzulegen (1. Joh. 3, 16).

W. de Boor weist im Kommentar der Wuppertaler Studienbibel zu unserem heutigen Text zurecht darauf hin, dass das Wort für „Leben“ auch mit „Seele“ übersetzt werden kann und führt aus: „Es kann und muss nicht jeder Jünger Jesu für andere in den äußeren Tod gehen. Aber ein jahrelanges Drangeben der eigenen Person unter schwersten Bedingungen und immer neuen Nöten kann ebenso Liebe in ihrer ganzen Größe sein wie ein rasches Sterben im Opfer für andere.“ Aber ist nicht auch das schon eine Überforderung für uns?

Frank Heinrich sagt in seinem Buch „Lieben, was das Zeug hält“ dazu, dass wir mit der Wiedergeburt Anteil am göttlichen Wesen erhalten haben, also Seine „Gene“ in uns tragen, und eines dieser Gene heißt Gott = Liebe.

Lassen wir es einfach zu, dass ER seine Eigenschaften in uns ausprägen kann, und wo wir selber Mangel empfinden, dürfen wir den Vater bitten, dass ER uns das Fehlende gibt (V. 16).  Mein Wunsch für Sie und mich selbst ist, dass das nicht nur theoretische Erwägungen sind, sondern wir alle praktische Erfahrungen im Umgang miteinander und den Außenstehenden sammeln.


Herzliche Grüße

Ihr Karl- Heinz Pohle