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in diesen Tagen wird in vielfältiger Weise an den Fall der „Mauer“ im Jahre 1989 und den 20. Jahrestag der Wiedervereinigung Deutschlands erinnert, in Gedenkveranstal-tungen und persönlichen Rückblicken, Dokumentationen, ernsten und satirischen Fernsehfilmen usw...Es wird nach den Gründen und tragenden Kräften der „friedlichen Revolution“ gefragt und es werden Denkmäler errichtet. Doch die Wenigsten danken es dem, der das alles erst möglich gemacht hat, weil Er wirklich im Zentrum der Macht steht und Zeiten und Zeitpunkte ändert und Könige stürzt und einsetzt (Dan. 2, 21). Damit will ich nicht sagen, dass es völlig egal ist, wie sich der Einzelne in solchen Vorgängen positioniert, ob er alles über sich ergehen lässt oder gar zum Mitläufer wird, oder ob er mutig seine Stimme erhebt.
Ich habe gerade ein Buch über Oskar Brüsewitz gelesen, jenen Pfarrer, der sich aus Protest gegen die Machenschaften des DDR-Regimes gegenüber den Christen am 18. August 1976 in Zeitz selbst verbrannte. Diese Tat ist sicher differenziert zu bewer- ten, aber sie hat in der Folgezeit dazu geführt, dass sich auch im Raum der Kirche ein Widerstand formierte, der später zum Sammelbecken für Andersdenkende wurde. Ich erinnere nur an die Bewegung „Schwerter zu Pflugscharen“, deren Name eindeutig unserem heutigen Bibelwort entlehnt ist. Die Frage ist nur, ob dieses Wort richtig verstanden wird, wenn man es so anwendet. Zum ersten sollten wir nicht übersehen, dass das Ganze in der Zukunftsform geschrieben ist. Aus dem Zusammenhang, in den diese Prophetie eingebettet ist, wird deutlich, dass hier Zustände beschrieben wer- den, die auf keine der bisherigen Epochen und gesellschaftlichen Verhältnisse zutref- fen, und schon gar nicht auf die gegenwärtigen. Wenn z. B. beschrieben wird, dass das Volk Israel und die Stadt Jerusalem der geistliche Mittelpunkt der Erde sein werden und es zu einer wirklichen Entspannung zwischen den Völkern kommt, dann erleben wir heute eher das Gegenteil. Diese positive Beschreibung passt besser zu dem sogenannten 1000jährigen Friedensreich, dem aber ganz andere, einschneidende Ereignisse vorausgehen werden, wie die Bibel sagt.
Und das zweite noch wesentlichere ist, dass die Initiative dazu nicht vom Menschen ausgeht, sondern Gott der Handelnde ist. Wenn hier seine Hauptaufgabe mit „richten“ beschrieben wird, dann geht es nicht in erster Linie um Bestrafung, wie das bei Machtwechseln allgemein üblich ist, sondern um die Wiederherstellung oder Aufrich- tung neuer, guter Ordnungen.
Wir Menschen sollten endlich aufhören, so zu tun, als ob wir alles im Griff hätten. Was die Politik oft beschwichtigend mit „Baustellen“ bezeichnet, sind meist hand- feste, z. T. sogar existenzielle Probleme für den Einzelnen oder ganze Völker. Ich muss an dieser Stelle nicht die entsprechenden Schlagworte wiederholen, die uns die Medien täglich liefern und die so mancher schon gar nicht mehr hören kann. Der Ruf nach starken Männern oder Frauen wird immer lauter. Aber wenn es nicht zuvor zu einer von Gott ausgelösten Sinnesänderung, zu einer Umkehr kommt, dann ist das im Grunde eine Überforderung für jeden, der etwas bewegen will. Dass dies viele wirklich wollen, soll gar nicht bestritten werden, aber dazu brauchen wir die Hilfe eines Stär- keren und müssen erst selber in Ordnung kommen. Das ist mir bei dem Jesajatext nämlich aufgefallen, dass, bevor es zu äußeren Veränderungen kommt, eine innere Bewegung zu Gott hin erfolgen muss (Jes. 2,2+3). Das belegen auch viele Negativ-beispiele aus der Geschichte, wo Menschen versucht haben, den „Himmel auf Erden“ oder zumindest gerechtere Gesellschaftsordnungen zu errichten, wofür noch gar nicht die Voraussetzungen vorhanden waren.
Was machen wir dann aber mit solch einem Wort? Die Hände in den Schoß legen und abwarten, bis Gott handelt, weil wir letztlich ja doch nichts ändern können? Ehe wir anfangen, die Welt verändern zu wollen, sollten wir Gott die Gelegenheit geben, uns zu verändern. Das gilt nicht nur für Neubekehrte, sondern auch für uns, die wir schon länger auf dem Glaubensweg sind. Die Umgestaltung in Sein Bild ist ein lebenslanger Prozess. In den meisten Briefen des Neuen Testamentes gibt es viele praktische Hinweise, an denen wir ablesen können, wie weit diese Umgestaltung schon voran-geschritten ist (z. B. Eph. 4, 17 - 32, Tit. 2, 1 - 10, 1. Petr. 3, 1 - 12). Und in 2.Petr. 3, 11+12 wird angedeutet, dass wir durch ein solches Leben die Endzeit-ereignisse sogar beschleunigen können. Dass dazu auch unbedingt gehört, die Frohe Botschaft zu bezeugen und glaubhaft vorzuleben, liegt im Kern der Sache. Wir werden damit zwar nicht die Welt verändern können, das tut Gott zu Seiner Zeit, aber wir können Raum schaffen für Veränderungen in unserem Umfeld durch das Heilshandeln Gottes.
Für heute herzliche Grüße,
Ihr Karl- Heinz Pohle