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August

Bittet, und es wird euch gegeben werden; sucht, und ihr werdet finden; klopft an,
und es wird euch geöffnet werden.
                                                                                                                       Matthäus 7, 7

Lieber gläubiger Leser,

wenn mich meine Erinnerung nicht trügt, war an der Eingangstür zu unserem Wohnhaus, in dem ich aufgewachsen bin, ein Schild angebracht: „Betteln und Hausieren verboten!“ Dabei war das nicht einmal eines jener vornehmen Jugendstilhäuser, die es auf dem Kaßberg gab und noch gibt, wo früher die gehobenere Schicht wohnte und es schon Bäder und Spülklosetts gab. Dort habe ich auch häufig solche Schilder gesehen. Sie kamen mir zwar von Anfang an merkwürdig vor, aber als Kind habe ich mir darüber keine tieferen Gedanken gemacht. Heute weiß ich, dass sie ein typisches Zeichen eines Standesdenkens waren, das versuchte, sich von den anderen abzugrenzen und deren Probleme gar nicht erst an sich heranzulassen. Ich habe jetzt in der Vergangenheitsform geschrieben, aber die Frage ist schon, ob es heute anders ist?

Sicher kann man viele positive Dinge anführen: Es gibt in unserem Land ein soziales Netz, das seinesgleichen sucht und den Staat jährlich viele Milliarden Euro kostet. Die Spendenbereitschaft bei Katastrophen oder im Kampf gegen tückische Krankheiten ist in Deutschland besonders hoch. Aber hat sich an der grundsätzlichen Einstellung wirklich etwas geändert? Ist die Verteilung der Güter in unserem Land und weltweit gerechter geworden? Ist das Entlohnungsgefüge nicht z. T. entartet und menschenunwürdig? Hat nicht die Lobby-Politik stark zugenommen? Wen kümmern die Sorgen und Probleme der Schwachen und Benachteiligten wirklich, und versuchen wir nicht alle irgendwie, das nicht zu nahe an uns heranzulassen, weil wir mit uns selber genug zu tun haben?

Bei Gott ist das anders. Mit dem heutigen Wort lädt Er geradezu zum Betteln und Hausieren ein, zum Empfangen von Dingen, auf die man nicht unbedingt einen Anspruch hat, aber auch das Eingelassenwerden in engste Kreise und das Loswerden dessen, was man mit sich herum trägt.
Zunächst möchte ich dieses Wort aber ganz praktisch und diesseitig verstehen. Wenn es schon Hilfsmöglichkeiten gibt, dann sollten wir nicht zu stolz sein und sie in Anspruch nehmen. Zugegeben, bitten, suchen und anklopfen kann anstrengend und scheinbar entwürdigend sein, ob Behörden gegenüber oder auch auf persönlicher Ebene, weil man damit zugibt, dass man hilfsbedürftig ist. Außerdem ist es leider oft mit viel Aufwand und manchen Enttäuschungen verbunden. Aber manchmal führt kein Weg daran vorbei, und auch auf dieser Strecke dürfen wir mit der Hilfe des HERRN rechnen.

Gottes „soziales Netz“ ist aber viel umfassender und gerechter. Wie geht unser Wort weiter? : „Jeder Bittende empfängt, und der Suchende findet und dem Anklopfenden wird geöffnet.“
Allerdings setzt das auch hier voraus, dass wir unsere Lage richtig einschätzen und zunächst erst einmal unsere Bedürftigkeit eingestehen. Vielleicht ist das sogar der schwierigste Schritt,
weil das gegen unseren Stolz und unsere menschliche Natur geht. Und dann brauchen wir Vertrauen in das gütige Handeln Gottes, denn wie heißt es in Hebr. 11, 6: „Wer Gott naht, muss glauben, das Er ist, und denen, die Ihn suchen, ein Belohner ist.“

Wir brauchen auch keine Angst zu haben, dass Gott uns schikaniert oder seinen Mutwillen mit uns treibt, wie das auf menschlicher Ebene vorkommen kann. Wenn schon Eltern, sofern sie diese Bezeichnung verdienen, schon bemüht sind, ihren Kindern Gutes zu geben, wie viel mehr Gott. Und das Tolle ist, dass Gott uns keine Vorwürfe macht (Jak. 1, 5), weder wenn wir um die alltäglichen noch um die himmlischen Dinge, wie z. B. Weisheit oder Führung durch den Heiligen Geist bitten.
Ähnlich ist es mit dem Suchen. Das reicht von der Bitte um das Wiederfinden verlorener oder verlegter Dinge über die Suche nach der richtigen Arbeitsstelle, der Wohnung oder dem Ehepartner bis hin zu der Aufforderung „Sucht mich, und ihr werdet leben!“ (Amos 5, 4), worüber wir im Juni vergangenen Jahres schon einmal nachgedacht hatten.

Und im Blick auf das Anklopfen habe ich schon angedeutet, worum es hier geht, nämlich Zugang zu finden in die engste Gemeinschaft mit Gott, das Loswerden von Schuld, Ruhe und Entlastung geschenkt zu bekommen (Matth. 11, 28), ein wirkliches Zuhause zu haben, auch ein Zuhause in einer örtlichen Gemeinde, und nicht zuletzt auch Zugang und Einfluss auf die Menschen in unserer Umgebung, die unsere Hilfe brauchen. Dieses dreifache Angebot Gottes durch Jesus Christus, das allen Menschen gilt, dürfen und wollen wir neu hören und zu Herzen nehmen. Ob zu Hause oder im Urlaub, oder gerade in einer besonderen Situation, ich wünsche  Ihnen gute Erfahrungen mit diesen Zusagen von höchster Stelle,

Ihr  Karl- Heinz Pohle