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Archiv / Herrnhuter Monats-Losungen / 2011 / November
Lieber gläubiger Leser,
erlauben Sie mir zunächst einige kurze Gedanken über den Propheten Nahum, der bisher in den Monatssprüchen noch nicht vorkam und auch noch nicht in unser Gemeinde- Bibelstunde betrachtet wurde. Außer seinem Namen (=der HERR hat getröstet) und seinem Geburtsort wissen wir nichts von ihm. Bezeichnend ist, dass er sich nicht einmal Prophet nennt, weil dieses „Amt“ durch die falschen, auf Vorteil bedachten Propheten in Verruf gekommen war. Er war Zeitgenosse von Habakuk und Zephanja und der „großen“ Propheten Jeremia und Hesekiel. Sein Auftrag war die Ankündigung des Untergangs der assyrischen Fremdherrschaft (Ninive), die 721 v. Chr. mit der Deportation der Bewohner des Nordreichs von Israel begonnen hatte . Auch wurde das restliche Reich Juda und Benjamin den Assyrern tributpflichtig . Im Jahre 612 v. Chr. wird dann wirklich Ninive zerstört und einige Jahre später war dieses „Weltreich“ am Ende.
Die Freude über diese „Wende“ währte allerdings nicht lange, denn 598 v. Chr. werden bereits die ersten Juden nach Babylon deportiert. 587 v. Chr. wird Jerusalem zerstört und ein Großteil der Bevölkerung ebenfalls nach Babylonien verschleppt. Die Botschaft dieses Buches ist, dass Gott bei dem scheinbaren politischen Durcheinander, in das auch sein Volk (oft durch eigene Schuld) verwickelt ist, keineswegs die Ãœbersicht verliert, sondern sogar der aktiv Handelnde ist. Er wird als eifernder Rächer beschrieben, der auch die Naturgewalten, wie Unwetter, Dürrekatastrophen, Ãœberschwemmungen, Erdbeben usw. dazu benutzt, seine Feinde in die Schranken zu weisen und Schuldige zu bestrafen (Nah. 1, 1-10).
Aber trifft es denn immer nur die Schuldigen? Hier setzt oft die Kritik an und es wird gefragt: „Wie kann Gott das zulassen?“ Vielleicht beschleichen uns manchmal auch solche Gedanken. Der Prophet lässt an dieser Stelle keine Zweifel aufkommen und bekennt mutig: Der HERR ist gut (gütig)! Er liegt damit auf einer Linie mit David, der in Psalm 103,10 feststellt: „Gott hat uns nicht getan nach unseren Sünden, und nach unseren Ungerechtigkeiten nicht vergolten.“
Das ist eine Tatsache, die auf jeden Menschen zutrifft, auch auf den „Unschuldigen“. Wenn Gott so mit uns umgehen würde, wie wir es verdienen, dann hätte keiner von uns eine Chance. Und trotzdem macht Gott einen Unterschied zwischen denen, die an Ihn glauben und denen, die nichts von Ihm wissen wollen. Nicht zuerst dadurch, dass Er die ersteren aus allem heraus hält, was ihnen zu schaffen machen könnte. Auch Christen sind den Naturgewalten und sich verändernden Lebensbedingungen ausgesetzt, können sich den politischen und ökonomischen Turbulenzen und deren Folgen nicht entziehen, bleiben nicht vor notvollen Situationen oder Zeiten verschont. Diese nüchterne Feststellung verschweigt unser Monatsspruch nicht, aber er lässt es nicht dabei bewenden, sondern zeigt uns Hilfsmöglichkeiten in solchen Situationen auf. Da ist von Zuflucht und Schutz die Rede, Begriffe, die auch heute noch aktuell sind.
Immer wieder erreichen uns Nachrichten und Bilder von Menschen, die zu Tausenden auf der Flucht sind. Die einen, weil die Gebiete, die ihr Zuhause waren, durch Katastrophen nahezu unbewohnbar geworden sind, die anderen, weil brutale Regime oder Banden einen Terror verbreiten, der auf Dauer nicht auszuhalten ist und wieder andere, weil aus vielerlei Gründen die nötige materielle Grundlage fehlt. Und wir denken an die großen Flüchtlingslager, die nur begrenzt Hilfe und Schutz bieten können. Ich kann jetzt keine Ursachenforschung betreiben und schon gar keine Lösungsvorschläge dazu anbieten, aber eines zeigt mir das alles: Sich einfach mit den bestehenden Verhältnissen abzufinden und sich in sein „Schicksal“ zu ergeben, ist wohl selten der richtige Weg. Ein gewisses Maß an Eigeninitiative ist hier nötig, und das gilt auch in geistlicher Hinsicht. Zuflucht und Schutz sind keine Sachen, die uns einfach nur so zufallen, sondern erfordern ein aktives Handeln. Dabei ist mir klar, dass das noch nicht die endgültige Lösung der Probleme ist. Dazu bedarf es des Eingreifens eines Größeren und Stärkeren. Entscheidend ist, dass man sich an die richtige Adresse wendet.
Für uns ist es der allmächtige Gott, der zugleich unser Vater in Jesus Christus ist. Ob Er dann direkt eingreift oder sich bei der Ausführung seiner Pläne anderer Menschen bedient, bleibt seiner Verfügungsgewalt und seiner Weisheit überlassen. Auf jeden Fall gilt, dass Er „durch seine Kraft, die in uns wirksam ist, über die Maßen mehr tun kann, als wir erbitten oder erdenken.“ (Eph. 3, 20). In unserer Verantwortung liegt es, ob wir die Hilfe bei Ihm suchen und sie dann auch annehmen oder auch bereit sind, sie anderen anzubieten und zu gewähren.
Diese Hilfe und dieses Geborgensein wünscht Ihnen auch im neuen Monat
Ihr Karl- Heinz Pohle