‹ April 2012 - Christen in Chemnitz, Sachsen informieren - christen.ws

christen.ws

Sie sind hier: Archiv / Herrnhuter Monats-Losungen / 2012 / April

April 2012

Geht hinaus in die ganze Welt, und verkündet das Evangelium allen Geschöpfen!

                                                                                              Markus- Evangelium 16, 15

Lieber gläubiger Leser,

das ist wieder einmal ein Thema, zu dem ich am liebsten schweigen würde, weil mir bewusst wird, wie wenig ich persönlich, vielleicht aber auch wir als Gemeinde diesem klaren Auftrag Jesu nachgekommen sind. Natürlich gibt es Gründe und Argumente dafür, und wir wollen sie nicht einfach abtun, sondern sie besehen, und dann muss jeder für sich selbst entscheiden, ob sie stichhaltig oder nur ein Alibi sind. Die plumpste Art, sich diesem Anspruch zu entziehen, ist, die Echtheit solcher Aussagen Jesu anzuzweifeln. Da wird z.B. diese Textpassage als „unechter Schluss des Markus-Evangeliums“ bezeichnet, weil er so nicht in allen Handschriften zu finden ist. Auch wenn man das nicht so deutlich sagt, werden dadurch die „letzten Worte“ Jesu relativiert und abgeschwächt. Außerdem gibt es genügend andere Stellen im neuen Testament, die den Auftrag zur Mission bekräftigen (Johannes- Ev. 17, 18; Apostelgeschichte 1, 8 + 13, 47 +17, 30; Epheser- Brief 6, 15; Philemon- Brief 1, 27; 1. Petrus- Brief 2, 9;).

Ähnlich verhält es sich mit dem Versuch, dies alles sehr stark zeit- und situationsbezogen zu sehen. Es ist schon richtig zu fragen, in welche Situation hinein entsprechende Worte gesagt wurden. Und damals war eine besondere Situation, weil es weltweit noch keine Gemeinde Jesu gab. Aber ist heute weniger Missions-bedarf als damals, nicht nur weltweit wegen der sprunghaft gestiegenen Weltbevölkerung, sondern sogar im „christlichen Abendland“?

Dann gibt es noch eine Reihe „praktischer“ Argumente. Eines davon ist: „In der DDR waren wir 40 Jahre verhindert, diesem Auftrag in vollem Umfang nachzukommen.“ Das stimmt. Aber haben wir die verbliebenen Möglichkeiten im eigenen Land und bei der sehr geringen Reisefreiheit ausgenützt, die frohe Botschaft weiter zu sagen? Ja, es gab mehr oder weniger regelmäßige Evangelisationen in den Gemeinden, später gab es auch „evangelistische Bibelwochen“ und „Mannschaftsevangelisationen“, aber meist haben wir nur zu uns eingeladen und sind nicht wirklich hinausgegangen und haben zu wenig das Gespräch und die Beziehung von Mensch zu Mensch gesucht. Wie schwer haben wir uns getan, Menschen auf der Straße oder auf der Arbeit anzusprechen oder unseren Glauben in irgendeiner Form zu bezeugen.

Damit sind wir beim nächsten Grund: „Ich bin nicht dafür geeignet. Ich bin nicht redebegabt und auch nicht so gebildet, um Gegenargumenten standhalten zu können.“ Das war schon bei manchem der biblischen Vorbilder ein ernst zu nehmender Einwand, wenn wir nur mal an Mose denken. „Ich war noch nie ein Mann des Wortes“ sagte er und „Sende, wen du willst (nur mich nicht).“ (2. Buch Mose 4, 10 + 13) Ich denke nicht, dass das nur eine Ausrede war, denn Gott widersprach in der Sache nicht, machte aber deutlich, dass ER schon weiß, was ER tut, und dass ER selbst letztlich der Handelnde ist. Natürlich gibt es unterschiedliche Begabungen und nicht umsonst auch den besonderen Dienst des „Evangelisten“ (Epheser-Brief 4, 11), aber der Auftrag gilt uns allen, und wenn der HERR will, dass dieser sehr oft „in Schwachheit“ ausgeführt wird, dann ist das kein Versehen von IHM.

Ein häufig vorgebrachtes Argument ist auch: „Es kann doch nicht jeder in die Mission gehen. Was würde dann aus der Gemeinde vor Ort, die doch auch zu bauen und zu betreuen ist?“ Das ist ganz richtig, denn auch in neutestamentlicher Zeit waren es immer nur Einzelne, die entweder durch eine klare Berufung und im Auftrag der Gemeinde oder aber durch besondere Umstände (denken wir an die Verfolgung in Jerusalem, Apostelgeschichte 8,1-5, die zu einer Zerstreuung führte oder an das Ehepaar Aquila + Priscilla, das aus Rom ausgewiesen wurde, Apostelgeschichte 18, 1-3, und auch später mehrfach den Wohnort wechseln musste) das Evangelium hinaus trugen. Aber es geht hier um eine Grundhaltung, denn auch Gemeinde vor Ort ist kein Selbstzweck, sondern Auftrag zur Mission. Deshalb muss Gemeinde beides im Auge behalten: Menschen, die einen Ruf in die Außenmission erhalten haben, zu ermutigen und seelsorgerlich und/oder praktisch zu begleiten, anstatt sie argwöhnisch zu beobachten (was eine vorherige sorgfältige Prüfung der Berufung auf beiden Seiten voraussetzt) und die Menschen in der Umgebung mit ihren Problemen, Bedürfnissen und Fragen wahrzunehmen und in Liebe auf sie zuzugehen.

Wir beklagen uns heute oft darüber, wie viele Gemeindeglieder aus beruflichen oder anderen Gründen den Wohnort und damit die Ortsgemeinde verlassen. Wenn wir als Gemeinde und die Betreffenden das als missionarische Chance annehmen könnten und im Vorfeld gezielt dafür zurüsten bzw. zugerüstet würden, dann müsste das letztlich kein Verlust sein.

Liebe Freunde, Ihr merkt sicher, dass ich mit diesem Wort noch nicht fertig bin, vielleicht sollten wir das auch gar nicht, denn der Auftrag Jesu ist erst zu Ende, wenn ER wiederkommt. Ich hoffe aber, dieses Wort kann uns dazu neu in Bewegung setzen.

Herzliche Grüße

Ihr Karl- Heinz Pohle