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April

 

Wie ihr nun den Herrn Christus Jesus angenommen habt, so lebt auch in Ihm und seid auch in Ihm verwurzelt und gegründet und fest im Glauben, wie ihr gelehrt worden seid, und seid reichlich dankbar.
                                                                 Brief an die Kolosser Kap. 2, 6+7

 


Lieber gläubiger Leser,

ich bin gleich über das erste Wort dieses langen Monatsspruches gestolpert. Ist denn wirklich so entscheidend, auf welche Weise wir zum Glauben an den Herrn Jesus gekommen sind? So unterschiedlich, wie wir Menschen sind, so vielfältig können die Bekehrungsgeschichten sein. Die einen wurden durch systematische Unterweisung von klein auf mit den Gedanken Gottes vertraut gemacht, bis ihnen klar wurde, dass das eine Lebensentscheidung von ihnen erfordert. Andere sind unter einer einzigen Predigt oder der ganz persönlichen Berührung mit Gottes Wort gläubig geworden. Wieder anderen ist durch einschneidende Erlebnisse in ihrem Leben oder dem Leben anderer die Größe Gottes bewusst geworden, und einzelne (meist aus anderen Religionen) bezeugen im Nachhinein, dass Ihnen Jesus persönlich begegnet ist.

Und doch gibt es bei alledem Gemeinsamkeiten, wo man von der Annahme Jesu reden kann: Erkennen und Bekennen der kollektiven und persönlichen Schuld, die uns von Gott trennt und den Tod verdient. Annahme des stellvertretenden Opfers Jesu für mich beim Tod am Kreuz. Lebensübergabe (Herrschaftswechsel) an den auferstandenen und von Gott bestätigten HERRN und die Ausrüstung mit dem Heiligen Geist (ich erhebe keinen Anspruch auf Vollständigkeit).

Dass das Wörtchen „wie“ trotzdem eine Bedeutung hat, darauf werden wir noch zu sprechen kommen. Jetzt geht es erst einmal um die Konsequenzen, die aus einer solchen „Annahme“ resultieren. In unserem Wort heißt es „so lebt auch in Ihm“. Andere übersetzen „ so wandelt auch in Ihm“. Ich weiß nicht, ob „wandeln“ etwas mit „Wandel“ (Veränderung) zu tun hat, aber das ist auf jeden Fall gemeint. Der Sinneswandel, die Bekehrung oder wie man es auch nennen kann, ist von entscheidender Bedeutung, weil hier die Voraussetzungen für unsere neue Identität als Kinder Gottes und Gerechte gelegt werden. Trotzdem sind sie nur der Anfang eines lebenslangen Veränderungsprozesses im Leben jedes Gläubigen. Die Bilder vom „Verwurzeln“ und „auf festem Grund stehen“ sprechen für sich selbst und werden in der Bibel häufig thematisiert, sodass ich sie nicht weiter kommentieren muss.

Nur so viel: Fester Standpunkt und Veränderung schließen sich nicht aus, wie uns kürzlich bei unserem Gemeindewochenende neu bewusst geworden ist. Hier geht es nicht in erster Linie um Dogmen, sondern um eine gelebte (Liebes-)Beziehung zu Gott. Das heißt allerdings nicht, dass „jeder nach seiner Fasson selig werden kann“. Deshalb die Einschränkung „wie ihr gelehrt worden seid“. Wir brauchen also eine Gemeinschaft, in der einer dem anderen hilft, die Gedanken Gottes in Seinem Wort zu verstehen und sie in seinem Leben umzusetzen. Eine besondere Verantwortung kommt dabei den „Lehrern“ zu, weil sie die Leitlinien vorgeben, und nicht immer muss die eigene Erkenntnis schon biblische Lehre sein. Deshalb wird an mehreren Stellen in der Bibel jedem Einzelnen die Verantwortung übertragen, zu prüfen, ob es sich so verhält (Apostelgeschichte 17,11, Römer 12,2, 1. Thessalonicher 5,21, 1. Johannes-Brief 4,1).

Trotzdem kann es unterschiedliche Glaubensausprägungen oder Traditionen geben, aber das halte ich dann nicht für schlimm, wenn in den Lebensäußerungen sichtbar wird, dass sie aus dem Glauben heraus geschehen. Ich weiß nicht, was besser ist: Vieles erkannt zu haben, aber mit der Umsetzung im Leben hinterher zu hinken, oder eine scheinbar geringere Erkenntnis zu haben, aber das auszuleben, was man glaubt? Vielleicht habe ich wieder zu sehr theoretisiert. Das war aber nicht meine Absicht und schon gar nicht die des Paulus. Es geht ihm hier letztlich nicht um Streitgespräche über den Glauben oder Erkenntnisfragen, sondern worauf es im Lebensvollzug ankommt.

Was am Ende heraus kommen soll, ist eine vermehrte Dankbarkeit gegenüber unserem Herrn Jesus Christus für Sein Werk von Golgatha und für die verändernde und heilende Kraft, die aus der Lebensgemeinschaft mit Ihm in unser Leben fließt. Es geht um die Freude Ihm anzugehören und damit einen völlig neuen Stand zu haben, der uns befähigt, für Ihn brauchbar zu sein oder zu werden. Wir wollen uns gegenseitig dazu anhalten, das, was wir glauben, in den Alltag zu übersetzen und dadurch auch für andere nachvollziehbar zu leben.

Herzliche Grüße,
Ihr Karl- Heinz Pohle