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Lieber gläubiger Leser,
in gewisser Weise setzt dieser Monatsspruch das Thema des letzten Beitragrs von Monat Juni fort: Gibt es ein Rezept für eine erfolgreiche Evangelisation und Mission? Aber woran kann man „Erfolg“ in diesem Falle überhaupt messen? An der Zahl der Bekehrten? Dann wäre die Gemeinde in Jerusalem ein leuchtendes Beispiel. Aber gerade dort waren es eher spontane Reaktionen aus der Situation heraus, die die Jünger Jesu zur Weitergabe der guten Nachricht veranlassten. Oder ist die „geistliche Atmosphäre“ und die Offenheit der Zuhörerschaft ein Indiz dafür, dass man mit seinen Bemühungen auf dem richtigen Weg ist? Dann hätte gerade Paulus oft verzweifeln müssen, bei den vielen Widerständen, die er erleben musste. Selbst die Situation, die wir das letzte Mal bedacht hatten (Apostelgeschichte 14), wo Paulus und Barnabas zunächst überschwänglich gefeiert wurden, endete mit der Steinigung des Paulus. Und hier in Korinth endet der Missionseinsatz mit einer Anzeige vor Gericht und einer unschönen Prügelei. War etwas schief gelaufen? Waren sie zu provokant oder nicht einfühlsam genug vorgegangen?
Das alles sind Fragen, die heute stark bedacht werden und sicher auch eine Berechtigung haben, aber treffen sie das Kernproblem? Das Wichtigste, so denke ich, ist die Übereinstimmung mit den Gedanken Gottes, sozusagen die Bevollmächtigung durch Ihn, und zwar nicht allgemein, sondern in der jeweils konkreten Situation. Manche werden einwenden: Einen klareren Auftrag als den Missionsbefehl unseres Herrn kann es doch gar nicht geben. Warum dann so zögerlich? Sind das nicht nur Ausflüchte unsererseits aus Bequemlichkeit, Menschenfurcht oder anderen Gründen heraus?
Das mag eine große Rolle bei uns spielen, aber die Rückversicherung, dass wir bei dem, was wir tun oder auch lassen, im Willen Gottes sind, ist unerlässlich. Das war das Anliegen Jesu, als Er auf dieser Erde war (Johannes-Evangelium 4,34). Das ist auch bei Paulus zu erkennen, obwohl er nicht nur eine allgemeine, sondern spezielle Berufung hatte (Apostelgeschichte 9, 15).
So konnte es passieren, dass ihm bestimmte Missionseinsätze verwehrt wurden und Pläne sich zerschlugen. Oder er musste, wie in diesem Fall, ermutigt werden, weiter zu machen, obwohl mehr dagegen als dafür sprach. Vielleicht denken wir jetzt: Na, der hatte es ja auch gut. Wenn wir solche klaren Anweisungen bekommen würden, dann würden wir uns auch dran halten. Vorsicht! Zum einen bin ich nicht überzeugt, dass für Paulus immer alles so klar war, sonst müsste er uns nicht von seinen vielen Gebetskämpfen berichten. Und sind wir wirklich immer gehorsam, auch wenn wir Dinge klar erkannt haben?
Ein großes Problem ist sicher auch, dass gegenwärtig die „Toleranz“ zum Hauptmaßstab des Handelns erhoben worden ist und auch wir Christen lassen uns sehr stark davon beschränken. Nein, wir wollen nicht provozieren, wir wollen die Würde und Freiheit des Einzelnen achten und auch keine Gewalt ausüben, schon gar nicht im Namen des Evangeliums. Aber wir dürfen andererseits auch nicht verschweigen, dass es nur einen Weg zum ewigen Leben gibt und dass das Verhältnis zu Jesus Christus, dem Sohne Gottes, nicht nur über das persönliche Schicksal, sondern die Zukunft der Welt entscheidet. Im Konfliktfall kann das für uns bedeuten, dass wir „Gott mehr gehorchen müssen als den Menschen“ (Apostelgeschichte 5, 29).
So dürfen wir diesen Monatsspruch, der eindeutig ein persönliches Wort an Paulus war, auch als Ermutigung für uns als Einzelperson und für die Gemeinde annehmen. Das Wort „Fürchte dich nicht“ oder „Hab keine Angst“ ist nicht so daher gesagt, wie wir vielleicht manchmal „Kopf hoch“ oder „Nimm `s nicht so tragisch“ sagen. Der es sagte, wusste, dass wir in der Welt Angst haben, weil Er sie selber auch durchleben musste. Er konnte aber auch sagen, dass Er Welt und Angst überwunden hat (Johannes-Evangelium 16, 33), nicht nur für sich selbst, sondern für uns. Wenn Er also so spricht, dann dürfen wir wissen, dass Seine ganze Vollmacht dahinter steht.
Und wenn es weiter heißt „Rede nur, und schweige nicht“, dann heißt das ganz sicher nicht, dass es nur auf unsere Worte ankommt, auch wenn der Grundsatz „Der Glaube kommt aus der Predigt“ (Römer-Brief 10, 17) noch immer gilt. Der Herr Jesus hat auch nicht nur gepredigt, obwohl er wie kein anderer sprechen konnte, sondern ist den Menschen helfend und heilend entgegen gekommen. Weil Er uns zusagt, mit uns zu sein, dürfen wir uns mit allem, was wir sind und haben, einbringen, aber auch im Blick auf den Anderen dem ganzen Menschen zuwenden.
Einen gesegneten Monat Juli wünscht Ihnen
Ihr Karl- Heinz Pohle