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(Johannes-Evangelium Kap.16 Vers 20)
Lieber gläubiger Leser,
das ist eine wunderbare Zusage. Aber gilt sie uns überhaupt? Und wenn ja, wie finden wir Zugang dazu, denn offensichtlich ist das eine Sache, über die wir nicht einfach so verfügen können, sondern die mit uns geschehen soll. Oder ist es gar „Zukunftsmusik“ für die Zeit, wenn wir am Ziel sein werden? Das sind Fragen, denen wir ein wenig nachspüren wollen.
Dazu ist es immer hilfreich, zu sehen, in welche Situation solche Worte gesagt worden sind. Nun, es sind die letzten Tage oder Stunden, in denen der Herr Jesus vor seinem Hingehen an das Kreuz mit seinen Jüngern zusammen ist, und wir merken, wie Er bemüht ist, sie auf dieses Ereignis vorzubereiten, das ihren Glauben bis aufs Letzte herausfordern wird. Sie sollen schon vorher wissen, dass die niederschmetternden Erfahrungen mit ihrem HERRN, aber auch mit sich selber, nicht das Letzte sind, sondern zugleich der Beginn von etwas völlig Neuem.
Insofern ist unsere Situation mit der der Jünger nicht einfach vergleichbar. Aber Situationen, in denen unser Glaube auf die Probe gestellt wird, wo scheinbar alle Sicherheiten weg sind und wir uns wie in einem tiefen Loch befinden, kennen wir doch auch, oder? Ich bin mir nicht sicher, ob uns da allein der Hinweis auf die zukünftige Herrlichkeit, wo es kein Leid mehr geben wird und alle Tränen von unseren Augen abgewischt sein werden, schon deutlich hilft. Damit will ich keinesfalls den starken Trost, der in solchen Worten steckt, abmindern, aber bei den Jüngern brachte erst die Begegnung mit dem auferstandenen HERRN die entscheidende Wende. Aber vielleicht sind solche Zwischenschritte trotzdem nötig.
Als Erstes kann es uns eine Hilfe sein, wenn wir merken, dass Traurigkeit (Trauer, Kummer, u.ä.) keine Katastrophe, kein Fremdkörper, keine Gemütsbewegung ist, deren wir uns schämen müssten. Sie gehört zu unserem Leben dazu und ist bis zu einem gewissen Grade vielleicht sogar gottgewollt. Ich würde nicht auf so einen Gedanken kommen, wenn das nicht gerade im Blick auf unseren HERRN so angedeutet wird.
Im Hebräer-Brief Kap. 5, 7+8 heißt es dazu: „Der in den Tagen seines irdischen Lebens, da er sowohl Bitten als Flehen dem, der ihn aus dem Tode erretten konnte, mit starkem Geschrei und Tränen dargebracht hat… , obwohl er Sohn war, an dem, was er litt, den Gehorsam lernte.“ Dieses Geheimnis wird nur an wenigen Stellen in der Bibel und äußerst behutsam gelüftet (z.B. Johannes-Ev. Kap.12,27; Lukas-Ev. Kap.22,42-44) und wir müssen auf prophetische Aussagen in den Psalmen oder dem Propheten Jesaja zurückgreifen, um das etwas verstehen zu können.
Eine weitere Hilfe sehe ich in dem Begriff „verwandeln“. Schon in einem Gemeindebrief vom letzten Jahr hatte ich festgestellt, dass nur das verwandelt werden kann, was in anderer Form bereits da ist. Diesmal musste ich an die erstaunliche Verwandlung von einer Raupe in einen Schmetterling denken. Im Stadium der Raupe lässt kaum etwas die künftige Leichtigkeit und Schönheit erahnen, zu der dieses Lebewesen bestimmt ist. Man empfindet die Raupe wegen ihrer Gefräßigkeit eher als Schädling und eklig noch dazu, und doch gehört diese Stufe ihrer Entwicklung zum Reifungsprozess. Nein, wir müssen Traurigkeit, Anfechtung und Not nicht als angenehm empfinden, sondern dürfen sie mit starken Emotionen und auch Worten zum Ausdruck bringen, ohne uns dessen schämen zu müssen. “Denn wir haben nicht einen Hohenpriester, der nicht Mitleid zu haben vermag mit unseren Schwachheiten… Lasst uns deshalb mit Freimütigkeit hinzutreten zum Thron der Gnade, damit wir Barmherzigkeit empfangen und Gnade finden zur rechtzeitigen Hilfe“ (Hebräer-Brief Kap. 4, 15+16).
Als uns im Jahr 2008 schon einmal obiges Bibelwort beschäftigte, stand damals mehr das Bild von Schwangerschaft und Geburt im Mittelpunkt, das der Herr Jesus im 21. Vers verwendet. Ich will die Gedanken von damals nicht alle wiederholen, aber auch hierin liegt für uns eine starke Hilfe. Hier geht es mehr darum, die eher negativen Begleiterscheinungen (Unansehnlichkeit, Enge, Unwohlsein und Schmerzen) als notwendiges Durchgangsstadium und Vorboten des bereits vorhandenen, aber noch nicht völlig sichtbaren neuen Lebens zu sehen, für das sich die ganze Mühe lohnt. Paulus schreibt dazu: „Denn ich halte dafür, dass die Leiden der Jetztzeit nicht wert sind, verglichen zu werden mit der zukünftigen Herrlichkeit, die an uns geoffenbart werden soll“ (Römer-Brief Kap. 8, 18). Und im Hebräer-Brief Kap. 12, 2 werden wir aufgefordert, auf Jesus hinzuschauen, welcher „…für die vor Ihm liegende Freude das Kreuz erduldete…“. Wenn Er wieder der Mittelpunkt unseres Lebens wird und uns sein „Friede sei mit euch“ zuspricht, können aus traurigen, verängstigten Gestalten neu freudige und mutige Zeugen werden. Das ist sicher nicht an ein Kalenderdatum gebunden, aber wenn uns diese Seite von Passion und Ostern neu aufgeht, kann das auch uns verwandeln.
In diesem Sinne frohe Ostern,
Ihr Karl- Heinz Pohle