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Januar

Lass mich am Morgen hören deine Gnade, denn ich hoffe auf dich.
Tu mir kund den Weg, den ich gehen soll, denn mich verlangt nach dir.
                                                                                           Psalm 143, 8


Lieber gläubiger Leser,

als ich dieses Wort gelesen habe, habe ich erst einmal gestutzt. Mir war der Wortlaut anders in Erinnerung. Müsste es nicht besser „früh“ heißen und mehr auf das Lebensalter bezogen sein? Als ich in meiner alten Elberfelder Bibel nachschaute, stand da tatsächlich „früh“, aber schon da gab es in der Fußnote den Hinweis „am Morgen“. So ist das manchmal: Man glaubt zu wissen, was gemeint ist, und muss sich dann korrigieren lassen. Vielleicht hatte ich auch noch andere Bibelworte im Hinterkopf, wie etwa Sprüche 8, 17, die mehr in diese Richtung gehen. Und ganz so verkehrt ist der Gedanke ja auch gar nicht, möglichst schon in jungen Jahren ein persönliches Verhältnis zu Gott zu haben, wenn man noch im Vollbesitz seiner Kräfte und noch nicht in manchem so festgelegt ist. Dann kann Gott uns langsam zubereiten und manchmal viel anvertrauen. Mir kamen da einige biblische Personen in den Sinn: Jeremia, den wir z. Zt. in unseren Bibelstunden betrachten, Daniel, über den wir kürzlich eine Predigt hörten, Josua, Samuel, Josia, der mit acht Jahren König in Juda wurde (2. Könige 22, 1) und viele andere mehr.

Aber in unserem Monatsspruch ist eindeutig von der Tageszeit, von dem Morgen, die Rede. Nun wäre es aber sicher verkehrt, aus den guten Erfahrungen von Glaubensvorbildern eine allgemein verbindliche Regel abzuleiten, z. B.: Stille Zeit hat am Morgen zu geschehen! Oder wenn wir uns Daniel zum Vorbild nehmen: Drei Gebetszeiten am Tag sind das richtige Maß!

Der Herr Jesus selber hat auch gern mal die Nacht genutzt, um mit dem Vater in Verbindung zu treten oder wichtige Entscheidungen vorzubereiten. Sollte gar das der Maßstab sein? Man kann nicht ignorieren, dass es unterschiedliche Menschentypen gibt. Manche bezeichnet man mehr oder weniger liebevoll als Morgenmuffel, ich gehöre eher zu denen, mit denen am Abend nicht mehr viel anzufangen ist. Und wir würden auch David missverstehen, der diesen Psalm gebetet hat. Für ihn war es alles andere als Pflichterfüllung, am Morgen die Gegenwart Gottes zu suchen.

Es ist überhaupt ein großes Missverständnis, das Beten als fromme Leistung anzusehen. Nicht Gott hat unser Gebet nötig, aber wir haben Seine liebevolle Zuwendung und Führung nötig. Genau das bringt der Beter hier zum Ausdruck, Wir wissen nicht im Einzelnen, was dem David zu schaffen gemacht hat. Da ist mehrfach von Feinden die Rede (Verse 3, 9+12), vielleicht auch von eigenem Fehlverhalten, weil er Gott bittet, nicht so sehr mit ihm ins Gericht zu gehen (Vers 2). Jedenfalls müssen es belastende Umstände gewesen sein, die an die körperliche und geistliche Substanz gingen und das innige Verhältnis zu Gott verdunkelten (Verse 4 – 7). Er möchte neu Gottes Mut machenden Zuspruch erfahren und konkret Gottes Eingreifen erleben.

Andere Hilfen oder Absicherungen hat er nicht oder will er gar nicht erst in Erwägung ziehen. Das kommt in der Begründung „denn ich hoffe auf dich“ (andere übersetzen: denn ich setze mein Vertrauen auf dich) zum Ausdruck. Und er möchte Klarheit darüber bekommen, wie es weiter geht, wenigstens für heute oder die nächsten Schritte, nicht weil er überängstlich ist, sondern weil er in der Spur Gottes bleiben möchte. Die Begründung, die er hier anschließt, finde ich erstaunlich: „denn mich verlangt nach dir“ (oder: „zu dir erhebe ich meine Seele“). Haben wir das schon mal in unseren Gebeten so klar zum Ausdruck gebracht?

Denn im Grunde genommen geht es in unserem Gebetsleben um nichts wesentlich Anderes. Vielleicht sind es nicht immer so dramatische Umstände wie bei David, aber Dinge, die uns belasten, die die Freude und die Kraft rauben wollen oder das Verhältnis zu unserem HERRN trüben, kennen wir doch auch. Und wie ist es, wenn Entscheidungen von uns abverlangt werden? Sind wir da immer so sicher, was der richtige Weg ist? Eines wird bei alledem klar: Wenn uns daran liegt, die uns zugedachte Ausrüstung für den Tag in Anspruch zu nehmen oder Klarheit über den weiteren Weg zu bekommen, kann man das schwerlich im Nachhinein tun. Zumindest die Versicherung der Nähe Gottes und der Blickkontakt zu Ihm sollte schon am Beginn eines Tages stehen, uns selber zum Gewinn.

Und wenn wir jetzt am Anfang eines neuen Jahres stehen, geht es nicht zuerst darum, eine Reihe guter Vorsätze zu fassen oder neue Gebetsstrategien zu entwickeln, sondern uns um ein vertrauensvolles, herzliches Verhältnis zu unserem HERRN zu bemühen, gegebenenfalls auch Korrekturen anzunehmen und uns ganz neu mit Gehorsam, Freude, Mut und Kraft von Ihm beschenken zu lassen.

Was ich mit diesen Zeilen nahe zu bringen versucht habe, bringt die neue Jahreslosung mit wenigen Worten auf den Punkt: „Gott nahe zu sein ist mein Glück.“ (Psalm 73, 28)

In diesem Sinne wünsche ich Ihnen und Ihren Familien für das Jahr 2014 Gottes Segen,

Ihr Karl- Heinz Pohle

 

 

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