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Juli

 

Dennoch bleibe ich stets an dir; denn du hältst mich bei meiner rechten Hand,
du leitest mich nach deinem Rat und nimmst mich am Ende mit Ehren an.

                                                                               Psalm 73, Verse 23+24

 

Lieber gläubiger Leser,

mir hat es gleich das erste Wort dieses neuen Monatsspruches angetan. Zugegeben, es wirkt etwas antiquiert und wird im Alltagssprachgebrauch nur noch sehr selten benutzt. Wir sagen heute eher „trotzdem“ als „dennoch“. Aber in diesem Wort können so viele unterschiedliche Motivationen drin stecken, dass es sich lohnt, einmal kurz darüber nachzudenken:

Man kann es im Trotz sagen (wie es das Wort „trotzdem“ schon andeutet), so wie ein Kind, das seine Wünsche nicht erfüllt bekommt und aus Protest noch dazu mit dem Fuß aufstampft. Manchmal mag es ein Zeichen von Unbelehrbarkeit oder Selbstüberschätzung sein, das einen so reden lässt, oder man will sich nur keine Blöße geben, weil das Nachteile bringen könnte.

Ein anderer wird bei solch einer Antwort wesentlich zurückhaltender sein, weil er sich doch nicht so sicher ist, aber aus Mangel an Klarheit oder Alternativen bleibt er eben dabei. Es gibt bestimmt noch andere Gründe für eine derartige Haltung, und die Frage ist, welche Gedanken wohl den Beter dieses Psalms zu solch einer Aussage veranlasst haben? Nun, wir können nur versuchen, es zwischen den Zeilen herauszuhören.

Da entdecke ich bei ihm als erstes ein „heilsames“ Erschrecken über sich selber, zu was für Gedanken man fähig ist (wir übrigens auch). Z. B. ob es sich lohnt, nach dem Willen Gottes für mein Leben zu fragen, wenn es mich einschränkt oder zusätzlich belastet oder gar in die Konfrontation mit anderen Menschen bringen kann, die mir letztlich nicht egal sind. Wir haben das bei dem Propheten Jeremia schon mehrfach miterlebt, wie nahe er daran war, alles hinzuschmeißen, weil es über seine körperlichen und seelischen Kräfte zu gehen schien, was er im Auftrag Gottes auszurichten hatte. Und dann ist man gar nicht weit davon entfernt, an der Gerechtigkeit und der Liebe Gottes zu zweifeln. Wie kann Gott das zulassen? Warum gerade ich, der ich mich doch bemüht habe, einen geraden Weg zu gehen und IHM zu dienen? Habe ich nicht einen Anspruch auf ein wenig „privates Glück“? Ich kann doch sowieso nicht die Not der ganzen Welt lösen! Sind uns solche Ãœberlegungen völlig fremd?

Zum Glück führt das nicht immer gleich dazu, dass wir uns von Gott abwenden, aber es ist schon schlimm genug, wenn wir uns von diesen Gedanken lähmen lassen, nur noch mit halber Kraft vorwärts gehen oder uns auf uns selber zurück ziehen. Dann hat der Feind gewonnen. Selbstmitleid oder gar Verbitterung und Neid anderen gegenüber sind keine gute Lösung, weil uns das nicht nur selber schadet, sondern es auch Auswirkungen auf andere hat. (vergl. Vers 15) Viel besser ist es, sich dem zuzuwenden und meine Not zu bringen, der wirklich helfen kann. Wenn man die Klagelieder Jeremias liest, kann man Gänsehaut kriegen, wie schonungslos er mit Gott über seinen Zustand, sein tiefes verletzt Sein, sein Unverständnis für Gottes Handeln redet. Aber noch erstaunlicher ist die unerwartete Änderung seiner Sichtweise trotz aller Not, so- dass er bekennt: „Es sind die Gütigkeiten des Herrn, dass wir nicht aufgerieben sind;
denn seine Erbarmungen sind nicht zu Ende; sie sind alle Morgen neu, deine Treue ist groß.“
(Klagelieder 3, 19 nach alter Elberfelder Ãœbersetzung, aber lesen Sie ruhig mal das ganze Kapitel).

So wird das „dennoch“ eher ein Staunen über Gottes Gnade, über Seine Langmut und Geduld mit uns. Auf Gnade hat man bekannterweise keinen Anspruch, sie ist unverdientes Geschenk. Es ist ein Vorrecht, zu Ihm zu gehören, auserwählt zu sein, und dass ER uns in seinen Dienst nimmt. Das mag banal klingen, ist es aber nicht, wenn wir die heilsgeschichtliche Bedeutung dieser Aussage bedenken, die auch der Beter des 73. Psalms zum Ausdruck bringt.

Die Garantie dafür, dass wir das von Gott gesteckte hohe und wunderbare Ziel erreichen, liegt nicht in der Qualität unseres Glaubens, sondern in Seinem grundsätzlichen Handeln in Jesus Christus und darin, dass ER uns „täglich bei der Hand nimmt“. Damit das nicht zur Floskel wird, sollten wir uns immer wieder vergegenwärtigen, wie das konkret in unserem Leben, im Leben anderer und in der Gemeinde aussieht und noch viel bewusster Seine Hilfe suchen. Und wir dürfen vom Ziel her leben, weil das „in Ehren angenommen Sein“ nicht erst dann Wirklichkeit wird, wenn wir bei IHM sein werden, sondern schon jetzt gilt.

Ich wünsche Ihnen Gottes Segen,
Ihr Glaubensbruder

Karl- Heinz Pohle