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März

Daran werden alle erkennen, dass ihr meine Jünger seid: wenn ihr einander liebt.

                                                                                            Johannes- Evangelium 13, 35 

Lieber gläubiger Leser,

kann man zu einem Thema wie „Liebe“, das schon unter so vielen Gesichtspunkten bedacht und ausgelegt worden ist und über das wir vor einiger Zeit ein mehrtägiges Gemeindeseminar hatten, überhaupt noch etwas Neues sagen? Nun, vielleicht muss es ja nicht unbedingt etwas Neues sein, manchmal reicht es auch, zu erinnern und aufzufrischen. Hoffentlich gelingt mir das. Ich will Sie einfach teilhaben lassen an den Gedanken, die mir beim Lesen oder Hören dieses Wortes so gekommen sind.

Da bin ich als erstes verblüfft darüber, auf welch einfachen Nenner der HERR unser Christsein bringt. Wie oft habe ich dieses Wort schon gehört, aber noch nie ist mir das in dieser Weise bewusst geworden. Würden wir die Liebe untereinander als den Hauptmaßstab für unsere Nachfolge ansehen? Gehört da nicht mehr dazu: Bibeltreue, eine gesunde Lehre, Heiligung ?

Fast jede Benennung bemüht sich, in Glaubensbekenntnissen oder Grundsätzen zu sagen, was ihr wichtig und unverzichtbar erscheint, und auch wir haben das gelegentlich schon getan, wenn wir unsere Gemeinde vorgestellt haben. Ich kann mich nicht entsinnen, dass dieses vom HERRN selbst benannte Merkmal wenigstens als eines von vielen dabei gewesen wäre. Sicher kann man einwenden, dass man so etwas nicht an einem Bibelwort fest machen kann, sondern das Gesamtzeugnis der Heiligen Schrift beachten muss. Das stimmt und es liegt mir auch fern, das eine gegen das andere auszuspielen, aber komisch ist schon, dass das, was dem Herrn Jesus offensichtlich wichtig war, bei uns eine untergeordnete Rolle zu spielen scheint, sonst wäre z. B. auch in der Geschichte der Brüderbewegung manches anders gelaufen.

Wie wichtig dieser Aspekt dem Herrn Jesus war, zeigt mir die Tatsache, dass er das kurz vor seiner Kreuzigung sagte und dabei von einem „Gebot“ sprach (Vers 34), es also nicht unserem Belieben überlassen hat, was wir damit anfangen.

An dieser Stelle taucht natürlich die Frage auf, ob man Liebe befehlen kann. Wir haben das schon manchmal erörtert und sind zu dem Schluss gekommen, dass Liebe nicht zuerst ein Gefühl, sondern ein Willensent-schluss ist. Das wird auch deutlich, wenn wir das sogenannte „Hohelied der Liebe“   im 1. Korinther-Brief Kap. 13 Vers 1-13 lesen. Das ist alles andere als Gefühlsduselei, sondern hinter den gut gewählten Worten steht eine eher harte Realität, die den Einsatz aller Kräfte erfordern kann. Zugleich ist Liebe aber auch Geschenk und Gnadengabe, nach der wir uns immer neu ausstrecken bzw. um die wir bitten dürfen.

Die zweite Merkwürdigkeit in unserem Monatsspruch ist, dass ein „interner“ Vorgang zum Maßstab für Außenstehende gemacht wird. Wir machen uns zu Recht Gedanken darüber, wie wir als Einzelne oder als Gemeinde unsere Umgebung am besten mit dem Evangelium erreichen und entwickeln dabei immer neue Gedanken und Ideen. Das will ich auch gar nicht klein reden. Aber bedenken wir mit demselben Eifer, was für ein Bild wir vor unserer ungläubigen Verwandtschaft, vor unseren Nachbarn und Kollegen, vor der „Welt“ abgeben. Wie vieles mag unsere gut gemeinten Bemühungen untergraben, weil das, was wir darstellen, lauter redet als das, was wir sagen. Dabei denke ich nicht nur an innergemeindliche Dinge, wie unbedachtes Reden übereinander oder Rechthaberei u. ä., sondern es wird durchaus auch wahrgenommen, wie wir zu den Gliedern am Leib Jesu in anderen Gemeinden stehen, ob wir Gemeinschaft mit ihnen suchen oder eher das Trennende hoch halten. Wie viele mag die Zerrissenheit der Gemeinde Jesu davon abhalten, verbindlich Glauben zu leben und den Weg der Nachfolge zu wählen, auch wenn die Argumente manchmal vorge-schoben sein mögen.

Vielleicht geht es Euch so wie mir: Ich hätte an dieser Stelle eher Begriffe wie „Retterliebe“ oder gar „Feindesliebe“ erwartet, die bestimmt auch nötig sind und an anderen Stellen der Bibel thematisiert werden. Welche Bedeutung muss also die „Liebe untereinander“ haben! Es mag sein, dass wir hier etwas von der Größe und Schwere dieser Aufgabe erahnen und gar davor zurückschrecken, auch angesichts negativer Erfahrungen. Ich bin mir aber sicher, dass der Herr Jesus mit dieser „Forderung“ keine neue Last auf seine Nachfolger legen, sondern die Bedeutung der Gemeinde als „geschützter Raum“ herausstellen wollte, von wo aus wir unserem Auftrag viel besser nachkommen können. Wenn wir so an dieses Wort heran gehen, kann es uns zur Freude und Kraftquelle werden.

Das wünsche ich Ihnen und mir selbst von ganzem Herzen,

Ihr  Karl- Heinz Pohle