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September

 

Sei stark und entschlossen! Lass dich durch nichts entmutigen und fürchte dich nicht!
(nach „Hoffnung für Alle“)
                                                                  1. Buch der Chronika Kap. 22 Vers 13


Lieber gläubiger Leser,

dieser neue Monatsspruch ist in gewisser Weise eine Fortsetzung des Geschehens, mit dem wir uns im letzten Monatsspruch befasst haben: David hatte mit großer Begeisterung und viel Gotteslob die Bundeslade nach Jerusalem geholt. War er jetzt nicht am Ziel seiner Wünsche? Nein, er hatte noch eine ganz andere Vision. Nicht, weil er einen Hang zum Spektakulären gehabt hätte, sondern, weil er von ganzem Herzen die größtmögliche Nähe Gottes suchte: Er wollte seinem Gott ein Haus bauen. Dass das nicht nur eine fixe Idee von ihm war, zeigt die Tatsache, dass Gott sich offenbar darauf einließ, indem Er ihm einen Bauplan für einen Tempel zeigte (so verstehe ich jedenfalls die Bemerkung in 1. Chronika 28, 19). Erstaunlich ist auch seine Reaktion, als Gott ihm ebenso unmissverständlich klar machte, dass aber nicht er, sondern sein Sohn der Ausführende sein wird. Kein Wort von Enttäuschung und Resignation. Mit dem gleichen Eifer arbeitete er weiter an den Vorbereitungen für dieses Ziel.

Solche Menschen kann Gott gebrauchen und sind wichtig für Seine Gemeinde, die wohl klare Vorstellungen und Ziele haben, aber auch kleine Schritte nicht verachten und offen sind für Korrekturen. Das gilt nicht nur für den geistlichen Bereich, sondern auch für manches andere.

Weil das in unser Thema mit hineinspielt, möchte ich nur das Problemfeld Erziehung nennen. Wer hat nicht schon von Lebensschicksalen gehört (oder sie gar selbst durchlebt), wo Eltern versucht haben, ihren Lebenstraum, den sie selber nie verwirklichen konnten, auf ihre Kinder zu übertragen. Etwa, weil der Wunsch nach einem Jungen versagt blieb, die Tochter wie einen Jungen zu erziehen (oder auch umgekehrt). Oder aus dem Kind einen Star, ein Model, eine einflussreiche Persönlichkeit oder sonst etwas zu machen, was man selber nicht erreicht hat. Oder es einfach in einen Beruf oder eine Karriere hinein zu drängen, damit es mein Lebenswerk fortsetzen und vollenden kann, ohne zu fragen, ob es das überhaupt will oder dafür geeignet ist. Was dabei für deformierte Persönlichkeiten entstehen, muss man immer wieder mal feststellen, wenn man die Biografien oder die „Lebensbeichten“ von manchen Menschen liest und hört.

Vielleicht hätte David hier auch Fehler gemacht, wenn Gott ihm nicht eine klare Vorgabe gegeben hätte. Ich weiß nicht, ob Salomo von vornherein die erste Wahl unter seinen Söhnen war. Er hatte immer mal einen anderen Lieblingssohn (Ammon, Absalom, Adonja), die ihn aber jeder auf seine Art enttäuschten. Am Ende mussten seine Frau und der Prophet Nathan sogar nachhelfen, dass er im Alter nicht doch noch wankelmütig wurde (1. Buch Könige 1, 11-40).

Ich will das alles aber nicht auf einen Konflikt der Generationen reduzieren, sondern überall, wo Aufgaben in andere Hände übergehen, können solche Probleme entstehen und es wird entscheidend sein, wie beide Seiten sich in dieser Situation verhalten. Der Übergebende, ob er loslassen und in die zweite Reihe treten kann und dem Nachfolger kein Joch auferlegt, das ihn eher entmutigt. Ich musste dabei an Saul denken, der im Kampf gegen die Philister in guter Absicht dem David seine Rüstung anbot, der aber feststellen musste, dass er damit nicht zurechtkommt (1. Buch Samuel 17, 38+39).

Für den Übernehmenden hingegen ist es wichtig, nicht jeden Rat und jede Hilfeleistung des Vorgängers als Bevormundung oder mangelndes Vertrauen anzusehen und abzulehnen und grundsätzlich alles ganz anders machen zu wollen. Hier ist mir Rehabeam, der Sohn Salomos, ein warnendes Beispiel (1. Buch Könige 12, 1-19). Aber ich denke doch, dass die größere Verantwortung bei dem „Erfahrungsträger“ liegt. In der Weise, wie er mit seinem Nachfolger umgeht, trägt er entweder zur Verunsicherung oder zu Trotzreaktionen bei, oder aber er kann Wege ebnen und ermutigen, wie David es hier tut. Ja, es sind anspornende Worte, die er gebraucht, und doch würden sie wohl eher wie Phrasen klingen, wenn das Beispiel seines eigenen Lebens nicht dahinter stünde. Und damit meine ich nicht nur die glanzvollen Seiten, sondern auch die Niederlagen, Versagen und Schuld, die in jedem Leben da sind, und wie er damit umgegangen ist.

Zugegeben, solche Wechsel sind immer ein Wagnis, weil sich naturgemäß manches ändert und man nicht weiß, wie alles ausgehen wird. Auch bei Salomo ist nicht alles gut gegangen. In vielen Dingen hat er seinen Vater übertroffen, aber seine Gottesbeziehung ist ein Stück weit auf der Strecke geblieben, was Folgen für das ganze Volk hatte.

Wir als Christen dürfen wissen, dass die letzte Verantwortung dafür, wie es mit der Gemeinde Jesu oder mit einzelnen Menschen weitergeht, nicht bei uns liegt. Das kann uns entlasten. Und natürlich gilt oben genannter Zuspruch uns auch ganz persönlich in all den Dingen, die unklar sind und uns beeinträchtigen wollen: Fürchte Dich nicht!

Herzliche Grüße

Ihr karl- Heinz Pohle