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August

Seid klug wie die Schlangen und ohne Falsch wie die Tauben.

                                                                                       Matthäus 10, 16

 

Lieber gläubiger Leser,

bei unserem heutigen Monatsspruch wäre es sicher von Vorteil, etwas mehr Ahnung über die Tiere und ihre Verhaltensweisen zu haben. Ich bin überzeugt, dass die Menschen zur Zeit Jesu besser verstanden haben, was Er mit solchen bildhaften Vergleichen ausdrücken wollte. Nicht unbedingt, weil sie intelligenter als wir heute waren, sondern weil sie eine viel größere Nähe zur Natur hatten, die besonders uns Städtern ein ganzes Stück verloren gegangen ist. Dabei nutzt die Bibel, mehr als ich gedacht habe, die charakteristischen Eigenschaften von Tieren, um bestimmte Sachverhalte zu verdeutlichen. Schon im Vorspann zu unserem Wort ist von Schafen und Wölfen die Rede. Auch der Begriff „Hunde“ wird in unterschiedlicher Bedeutung mehrfach angewendet, einerseits als abfällige Bezeichnung für alle Nichtjuden (vom Herrn Jesus in Matthäus 15,26 abgemildert bzw. umgedeutet), andererseits als Warnung vor den fleischlich gesinnten Irrlehrern (2. Petrus 2, 22). Letztere werden in dieser Bibelstelle auch mit Schweinen verglichen, die kaum gebadet, sich wieder im Dreck wohlfühlen.

Mir fällt auch das Bild vom Pferd ein, dem man einen Zaum anlegen muss, um es uns gefügig zu machen. Ähnlich verhält es sich mit der Beherrschung unserer Zunge (Jakobus 3, 2+3). Es wäre sicher eine interessante und lehrreiche Sache, die typischen Merkmale weiterer in der Bibel genannter Tiere heraus zu finden und geistlich anzuwenden. (Versuchen Sie es ruhig einmal!) Hier würde es aber den Rahmen sprengen. Deshalb wollen wir bei den Schlangen und Tauben bleiben, und bei den Schafen und Wölfen, die in diesem Fall für das Verständnis jenes Wortes bedeutsam sind. Der Herr Jesus sendet also seine Nachfolger aus, die gute Nachricht anderen weiter zu sagen. Aber Er macht von Anfang an klar, dass das kein Spaziergang oder Siegeszug werden wird, wie man vielleicht erwarten könnte, sondern eine kräftezehrende Sache mit viel Widerstand. Es kann sogar lebensgefährlich sein, denn das Schaf ist ja das ideale Beutetier für den Wolf. Wie kann unser HERR so etwas machen, uns schutzlos den Feinden auszuliefern? Das würde dem Bild vom guten Hirten doch völlig widersprechen!

Irgendwo habe ich sinngemäß den Satz gelesen: Jesus schickt seine Schafe nicht deswegen unter die Wölfe, um von ihnen gefressen zu werden, sondern um diese zu Schafen zu machen oder wenigstens zum Vorbild dafür zu sein. Hier „hinkt“ der Bildvergleich natürlich, aber da ist etwas dran, wie wir auch bei unserem Monatsspruch noch merken werden.

Uns irritiert zunächst einmal, dass der HERR ausgerechnet die Schlange, das Urbild des Bösen, Hinterhältigen und Verführerischen, als Vergleichsobjekt benutzt. Aber ich denke, dass wir hier nur an das Lebewesen als solches denken sollten, und da auch nicht zuerst an seine Angriffsstrategien, sondern wie es sich bei Gefahrensituationen verhält, denn das ist ja der Vergleichspunkt zur Lage der Jünger. Da fällt Euch bestimmt wie mir ein hervorstechendes Merkmal ein: Die Schlange wendet dem Feind oder der Gefahr immer den Kopf zu und lässt sie nicht aus den Augen, immer bereit, sofort zu reagieren. Könnte es das sein, was wir im übertragenen Sinne von der Schlange lernen sollten? Manche Ausleger weisen auch auf ihre Fähigkeit hin, gelegentlich die das Wachstum behindernde, abgestorbene Haut abzustreifen und in gewisser Weise neu zu werden. Auch ein nachdenkenswerter Gedanke für uns!

Was soll nun aber der Hinweis auf die Taube? Das passt doch überhaupt nicht zusammen! Und was ist an der Taube schon Besonderes dran? Welche Gedanken verbinden wir mit der Taube? Städteplage, Umweltverschmutzer, Krankheitsüberträger fallen uns da spontan ein! Dabei vergessen wir, dass die Taube schon frühzeitig Haus- und Nutztier des Menschen war (denkt an Noah und die Sintflut) Und sie war eine der wenigen reinen Vogelarten, die als Opfertiere geeignet und zugelassen waren. Aber auch hier geht es dem HERRN noch um etwas anderes: Er weist auf eine Eigenschaft hin, die die Übersetzer unterschiedlich mit „einfältig“, „ohne Falsch“, „ohne Verschlagenheit“, „arglos“, „sanft“, „aufrichtig“ wiedergeben.

Auch wenn uns diese Kombination mit der Schlangennatur wie ein Unding vorkommt, wird uns doch klar, dass diese Ergänzung dringend notwendig ist, sonst wird der Mensch, auch der fromme, zum kaltblütigen Strategen, ohne Mitgefühl und herzlichem Erbarmen. Einfältig wie die Tauben zu sein, dürfen wir aber nicht mit töricht sein verwechseln. Alles mit sich machen zu lassen oder stur eine Sache „durchzuziehen“ (V. 14), muss nicht in jedem Fall der Wille Gottes sein. Wir dürfen schon unseren Verstand gebrauchen, aber auch bewusst mit der Hilfe des Herrn Jesus Christus rechnen.

Gottes Segen im neuen Monat wünscht Ihnen

Ihr Karl- Heinz Pohle