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Jauchzet, ihr Himmel, freue dich, Erde! Lobet, ihr Berge, mit Jauchzen! Denn der Herr hat sein Volk getröstet und erbarmt sich seiner Elenden. Jesaja 49, 13
Lieber gläubiger Leser,
beim Lesen des neuen Monatsspruches hatte ich sofort die Melodie und die erste Zeile des mitreißenden, beinahe übersprudelnden Eingangschores aus dem Weihnachtsoratorium von Johann Sebastian Bach im Ohr: „Jauchzet, frohlocket, auf preiset die Tage.“ Vielleicht hatte J. S. Bach auch diese Jesajastelle beim Dichten und Komponieren im Kopf, auch wenn er sich vornehmlich von den Aussagen des Lukas-Evangeliums inspirieren ließ.
Denn Parallelen und Bezüge gibt es schon: Intern wird Jesaja Kap.49,
Vers 1 ff. oft „Das zweite Lied vom Gottesknecht“ genannt, auch wenn man nicht weiß, ob und was für eine Melodie es dazu gab. Ich will jetzt nicht auf die theologisch sicher bedeutsame Frage eingehen, wer mit diesem Gottesknecht gemeint ist, ein Einzelner (etwa der Perser Cyrus, der im Kapitel 48, 14 als „mein Liebling“ bezeichnet wird oder auch der Prophet Jesaja selbst) oder das Volk Israel als Ganzes (der Name wird in Vers 3 direkt genannt). Aber das ist nicht Thema des Monatsspruchs, und für mich ist es sowieso vor allem eine prophetische Schau auf den wahren Gottesknecht Jesus Christus (vgl. auch Jesaja Kap. 53), weil all die Aussagen letztlich nur von Ihm erfüllt werden.
Fragen wir uns lieber, was denn der Anlass zu solch überschäumender Freude sein kann, in der man nicht nur bei sich selbst bleiben will, sondern am liebsten die ganze Welt und alle Kreatur mit einbeziehen möchte. Den wichtigsten Grund dafür nennt der Folgesatz selbst:
„Denn der Herr hat sein Volk getröstet und erbarmt sich seiner Elenden.“ In den Versen davor und danach werden dazu konkrete Aussagen gemacht, wie das im Einzelnen aussehen wird. Problem ist nur, dass damit die gegenwärtige konkrete Situation nicht schlagartig verändert ist (für Israel stand das schlimmste Ereignis, das Exil in Babylon, sogar erst noch bevor). Dieses Dilemma könnte doch sehr schnell den Jubel und die Freude im Ansatz ersticken lassen.
Aber wir wollen nicht die enorme Kraft und den Trost unterschätzen, der allein schon von der Ankündigung der Hilfe Gottes ausgeht, von dem als Einzigen gesagt werden kann: „denn was Er zusagt, das hält Er gewiss“ (Psalm 33, 4 LÜ). Auch wir leben ja zu einem großen Teil von der Hoffnung auf die Zusagen Gottes, neben all dem Wunderbaren, was uns schon geschenkt ist.
Und es gibt noch einen zweiten Grund zum Jubeln: So deutlich wie kaum an einer anderen Stelle im Alten Testament macht Gott deutlich, dass Er nicht nur die Pläne mit Seinem Volk Israel zum Ziele führen wird, sondern dass es Ihm um das Heil für alle Menschen geht (Vers 6). Dazu hat Er den Gottesknecht berufen und wir wissen heute, dass das kein anderer als der Sohn Gottes selbst sein konnte, der in diese Welt kam, heilend und segnend unter uns lebte und am Ende stellvertretend für alle Menschen am Kreuz starb und dann wieder auferstand. Das Geheimnis Seiner Menschwerdung, an das wir in dieser Zeit in besonderem Maße denken ist ja „nur“ ein Meilenstein auf dem Weg zu unserer Errettung, aber müsste nicht schon das uns von unseren Sitzen reißen, angesichts der unverdienten Zuwendung Gottes, die allen gilt.
Natürlich gibt es wie damals bei dem Volk Israel auch heute persönliche Schicksale und Situationen sowie weltweite Entwicklungen, die dem entgegenstehen und uns die Freude und den Mut nehmen wollen. Man hat den Eindruck, dass sich in unserer Zeit vieles zuspitzt und die Ratlosigkeit zunimmt. Die Flüchtlingskrise ist da sicher nur die Spitze eines Eisbergs, und wir wollen nicht so tun, als wenn uns das nicht berührt und vielleicht auch verunsichert. Aber die Zusagen Seines Trostes und Seines Erbarmens gelten ja gerade für solche Zeiten! Ich kann Ihnen jetzt keinen praktischen Rat geben, wie man sich in dieser oder jener Situation am besten verhalten sollte, weil ich selber immer wieder ein Suchender und Fragender bin.
Doch einen versteckten Rat gibt uns der neue Monatsspruch selbst: Mehr loben und danken! Nach dem Motto: „Danken schützt vor wanken, loben zieht nach oben“. Ich möchte deshalb auf die Aussagen des Eingangschores zum Weihnachtsoratorium zurück kommen, die auch in diese Richtung zielen:
Jauchzet, frohlocket, auf preiset die Tage.
Rühmet, was heute der Höchste getan!
Lasset das Zagen, verbannet die Klage.
Stimmet voll Jauchzen und Fröhlichkeit an!
Dienet dem Höchsten mit herrlichen Chören.
Lasst uns den Namen des Herrschers verehren!
Mein Wunsch für die Advents- und Wehnachtszeit und darüber hinaus ist, dass wir vermehrt zu Mutmachern für einander und für andere werden.
Ihr Bruder Karl- Heinz Pohle