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April 2016

Ihr aber seid ein auserwähltes Geschlecht, eine königliches Priestertum, eine heilige Nation, ein Volk zum Besitztum, damit ihr die Tugenden dessen verkündigt, der euch aus der Finsternis zu Seinem wunderbaren Licht berufen hat. (Elb. Übers.)
1. Petrus 2, 9

 

Lieber gläubiger Leser,

wenn man bedenkt, dass der 1. Petrusbrief an die „Christen in der Zerstreuung“ gerichtet ist, also an Minderheiten, die aus unbekannten Gründen (Verfolgung?) ins Ausland verschlagen worden waren, oder dort zum Glauben kamen und keinen starken Rückhalt hatten, dann staunt man, mit welchen Attributen sie hier bedacht werden. Es sind bewusste Anklänge an die beim Bundesschluss mit dem Volk Israel von Gott selbst gesprochenen Worte (2. Mose 19, 5 + 6).
Was aber nicht heißen soll, dass die Gemeinde anstelle Israels nun die einzige „Erwählte“ sei. Sie ist nur in deren geistliches Erbe mit hinein genommen, so dass Vergleiche erlaubt sind. Aber schauen wir uns die einzelnen Kriterien oder Beschreibungen der Gemeinde näher an.
Auserwähltes Geschlecht: Hier habe ich nach einem verständlicheren Ausdruck gesucht, etwa „Generation“, aber dieser Begriff  schränkt zeitlich zu stark ein, denn es handelt sich hier ja nicht um eine bestimmte Generation. Sollte man deshalb eher von „Stamm“ sprechen? Bei Israel trifft das ja in gewisser Weise zu, aber Gemeinde setzt sich doch gerade aus „jedem Volk und Stamm und Sprache und Nation“ zusammen (Offb. 5, 9 + 10). Vielleicht wäre dem Wortsinn nach „Elite“ der richtige Ausdruck, aber den verknüpfen wir wieder zu stark mit bestimmten Voraussetzungen und Qualitäten, die die Bibel ja gerade verneint. Auf jeden Fall steht der Gedanke der Auswahl als Gottes souveränes Handeln im Vordergrund.
Königliches Priestertum: Welches der beiden Attribute mag wohl das wichtigere sein, habe ich mich gefragt? Bei Israel stand lange Zeit das Priestertum im Vordergrund, ehe dann später auch Könige eingesetzt wurden. Auch bei der Gemeinde hat die priesterliche Seite sicher den Vorrang, das Eintreten vor Gott für die Nöte und Schuld der Anderen, auch der eigenen, aber zugleich Sprachrohr und Vermittler des Willens Gottes zu sein. Dass Seine Gemeinde dabei auch „königliche“ Vollmachten hat, haben wir schon in anderen Gemeindebriefen erörtert. Auch der Gedanke, dass die Gemeinde einmal mit Christus herrschen wird, und dass das hier und heute erlernt sein will, steckt da mit drin.
Heilige Nation: Die Betonung liegt hier wohl auf „heilig“, ein Begriff, für den es doch immer wieder Klärungsbedarf gibt, weil wir ihn oft vorrangig als einen Qualitätsbegriff verstehen. Das ist ja auch nicht falsch, denn Gott sagt: „Seid heilig, denn ich bin heilig!“ (1. Petr. 1, 16)
Die Ursünde des Menschen, so sein zu wollen wie Gott, ist da ins Gegenteil verkehrt: Sei wie Gott - heilig! Trotzdem denke ich, dass bei „heilig“ der Gedanke der Beschlagnahme für Gott und Seine Absichten im Vordergrund steht. Das wird auch im nächsten Punkt unterstrichen.
Volk zum Besitztum: Das kann man in zwei Richtungen verstehen. Aus unserer Sicht stehen da sicher die „Privilegien“ im Vordergrund, die Jesus Christus für uns erworben hat, z. B. die Gotteskindschaft, der Anteil am Erbe der Heiligen im Licht und all das, was in den Briefen des Neuen Testamentes wiederholt entfaltet wird. Aus Gottes Sicht steht mehr der Gedanke des persönlichen Eigentums, mit dem Er machen kann, was Er will, im Vordergrund. Obwohl Gott sowieso alles gehört, hat Er doch immer wieder einzelne Menschen, das Volk Israel, die Gemeinde, aber auch Dinge zu seinem Eigentum, zu Seinem besonderen Gebrauch, erklärt. Das wird in dem Nachsatz unseres Monatsspruches unmissverständlich hervorgehoben: „ … damit ihr die Tugenden dessen verkündigt, …“. Andere übersetzen den nicht so gängigen Begriff „Tugenden“ mit „Großtaten“ oder „Wohltaten“. Es geht um beides: In der Geschichte, besonders in der Heilsgeschichte, aber auch im eigenen Leben danach zu suchen, wie Gott sich bezeugt hat, und das nicht für sich zu behalten, sondern an andere weiterzugeben, aber dabei auch immer mehr von der  Wesensart Gottes zu entdecken und widerzuspiegeln.
Der Schluss des Monatsspruches führt uns dann noch einmal vor Augen, wie unbegreiflich und krass der Unterschied von einst zu jetzt für die Kinder Gottes ist: Man kann sich schon so kaum einen größeren Unterschied als Licht und Finsternis vorstellen, aber noch deutlicher ist er in Bezug auf Gott, der selbst das Licht ist, und der Macht der Finsternis, an die wir alle versklavt waren. Die Berufung „zu Seinem wunderbaren Licht“ ist wiederum eine doppelte:
Selber dieses Licht immer wieder zu suchen und darin zu leben (Eph. 5, 8 - 13), aber auch Orientierungspunkt und Licht für unsere Umgebung zu sein (Matth. 5, 14 - 16, Phil: 2, 15). Diese hohe Zielsetzung sollte uns aber nicht abschrecken, sondern zu einem neuen Ansporn für unseren Glauben werden.

Herzliche Segenswünsche,
Euer Karl-Heinz Pohle