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Markus- Evangelium Kap 9 Vers 50
Lieber gläubiger Leser,
so einfach und klar dieser kurze Satz ist, wirft er doch einige Fragen auf. Etwa, was mit dem „Salz“ wohl gemeint ist, und was der Anlass zu dieser Bemerkung Jesu gewesen sein könnte. Üblicherweise hilft da ein Blick in den Textzusammenhang. Hier erscheint mir das schwierig. Wenn man nämlich die Parallelstellen, in denen vom Salz die Rede ist, noch mit zu Rate zieht (Lukas-Ev. Kap.14,34, Matth.-Ev. Kap. 5, 13, Kolosser-Brief Kap. 4, 6), dann wird klar, dass der Herr Jesus in ganz unterschiedlichen Situationen das Bild vom Salz benutzte. Es bleibt also nichts weiter übrig, als uns behutsam an den Kern der Aussage heranzutasten.
Über das Salz ist in einschlägigen Auslegungen und Predigten schon viel gesagt worden. Ich will deshalb nur einige Fakten zusammentragen, die uns zum Verständnis helfen könnten. Die Bedeutung des Salzes war schon im Altertum bekannt. Sumerer und Babylonier nutzten bereits Salze zur Konservierung von Lebensmitteln. Ähnlich auch in Ägypten. Hier wurde es u. a. bei der Mumifizierung verwendet. Die Römer prägten die Aussage „Nichts ist nützlicher als Sonne und Salz“. Sie setzten das Salz wegen seiner Wertbeständigkeit und ausreichenden Verfügbarkeit sogar zeitweise als Zahlungsmittel für die Söldner ein. Auch in Israel galt das Salz als ein unverzichtbares Lebensbedürfnis: „Der Mensch bedarf zu seinem Leben des Wassers, Feuers und des Salzes…“ (Sirach Kap.39, 31). In Palästina wurde es seit ältester Zeit aus dem Toten Meer gewonnen und machte hier einen Großteil des Handels aus. Auch im religiösen Leben spielte es eine große Rolle, wegen seiner haltbar machenden sowie reinigenden und desinfizierenden Wirkung. So wurden Neugeborene mit Salz abgerieben (Hesekiel Kap. 16, 4). Auch bei den Opfern durfte Salz nicht fehlen (Hesekiel Kap. 43, 24; 2. Buch Mose Kap. 30,35), um allen evtl. Unreinheiten zu wehren und sie für Gott „genießbar“ zu machen. Bekannt ist auch die Begebenheit mit Elisa, der ungesundes Wasser, das oft zu Fehlgeburten führte, durch Beigabe von Salz gesund machte (2. Buch Könige Kap. 2, 19-22). Selbst in der Zukunft, wenn lt. Hesekiel Kap. 47, 11 ein Strom vom Altar in das Land fließen und das Wasser des Toten Meeres „gesund“ machen wird, werden Lachen und Tümpel für die Salzgewinnung übrig bleiben.
Auch in den Ländern Europas wurde sehr bald der Wert des Salzes erkannt und führte im Mittelalter und der Folgezeit zu einem regelrechten „wirtschaftlichen“ Aufschwung, auch wenn (oder weil?) enorme Summen für das Salz bezahlt werden mussten. Zahlreiche Städte mit „Hall“ oder „Salz“ in ihrem Namen und die sogenannten Salzstraßen erinnern noch daran. Unsere Felsendome in Rabenstein waren, soviel ich weiß, auch ein ehemaliges Salzbergwerk. Im Laufe der Zeit wurden noch weitere Eigenschaften des Kochsalzes und der anderen Salze entdeckt und für die Technik (z. B. Tausalz, Salze für die Metallveredelung), aber vor allem für die Medizin nutzbar gemacht. Wie viel ist über seine Bedeutung für den Wasserhaushalt, das Nervensystem, den Knochenaufbau und die Verdauung geschrieben worden. In jüngerer Vergangenheit hat es sich einen eher schlechten Ruf im Zusammenhang mit Bluthochdruck erworben. Heute wird um bestimmte Salze (Himalayasalz, Schüßler-Salze u. ä.) fast schon ein Kult gemacht, bei dem man aber leider wirtschaftliche Interessen nicht ausschließen kann. Es gäbe sicher noch mehr darüber zu sagen, aber das kann auch verwirren. Mir ging es nur darum aufzuzeigen, was bei dem Wort „Salz“ alles so mitschwingt.
Ich hoffe, dass es hilft, das Anliegen Jesu besser zu verstehen. Einen Hinweis, in welche Richtung es gemeint sein könnte, gibt uns der Monatsspruch selbst mit dem Zusatz „und haltet Frieden untereinander“. Es geht also um unsere eigene „Beschaffenheit“, die eng mit unserem Verhältnis zu Gott verknüpft ist und darum, wie sich das auf das Verhältnis zu unserem Nächsten auswirkt. Vielleicht erwartet Ihr, dass ich von dem Gesagten nun viele praktische Anwendungen mache. Aber ich will mich auf einige Denkanstöße beschränken, weil es sonst zu umfangreich würde, und weil das „Habt Salz in euch“ bei jedem und auch in unterschiedlichen Situationen anders aussehen kann. Wir können z. B. das Salz mit unserem Glauben vergleichen, der unseren hohen Wert in den Augen Gottes zeigt und unerlässlich für gesundes geistliches Wachstum ist (persönlich und als Gemeinde). Er schützt uns vor schädlichen Einflüssen und macht uns angenehm für Gott. Auch die Frage, wie wir mit Schuld oder auch mit Leiden umgehen, gehört da mit hinein. Im Miteinander zum Nächsten, ob gläubig oder nicht, spielt vielleicht mehr das füreinander „Genießbarsein“ (die richtige Dosierung unseres Redens und Handelns) oder das Verhindern und Beseitigen von Fäulnis in den Beziehungen eine Rolle. Gut wäre auch, wenn Menschen mit unserer Hilfe vor Gott „auftauen“ könnten. Bitte denkt weiter darüber nach, was das mit dem Salz für Euch persönlich heißt. Wir haben ja einen ganzen Monat Zeit dazu, auch um es umzusetzen. In diesem Sinne wünsche ich allen eine gesegnete (Urlaubs-)Zeit,
Ihr Bruder Karl- Heinz Pohle