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Lieber gläubiger Leser,
unser neuer Monatsspruch ist ein Wort aus dem Evangelium, das wir seit Kurzem in unseren Bibelstunden betrachten. Wir sind aber noch ziemlich am Anfang und so wird es noch eine Weile dauern, bis wir an diese Stelle kommen. Ich bin aber schon jetzt gespannt, was wir in nächster Zeit, und besonders auch zu diesem Ausspruch, zu Tage fördern werden. Hier handelt es sich um Worte aus den letzten Erdentagen Jesu an seine Jünger, die somit für sie und demzufolge auch für uns ein besonderes Gewicht haben. Und es ist sicher nicht von ungefähr, dass sie in das Gleichnis vom „Weinstock und seinen Reben“ eingebettet sind. Dieses Gleichnis hat mich auch zuallererst beschäftigt, weil es neben vielen ermutigenden Aussagen auch Passagen enthält, die Angst machen könnten, wenn man z. B. vom Schicksal der fruchtlosen Reben liest und dabei an die oft magere Ausbeute des eigenen Lebens denkt.
Aber zwei Dinge sind mir dabei deutlich geworden, die ich den noch folgenden Überlegungen zum Monatsspruch voranstellen möchte, und die nicht als Beschwichtigung gedacht sind:
Frucht hervorbringen ist nicht das Ergebnis menschlicher Anstrengung oder Leistung, sondern der vielfältigen und bewundernswerten Bemühungen Gottes um uns und jeden Menschen. Unser Teil dabei ist das „Dranbleiben“ (oder für den, der noch keine Verbindung zu Gott hat: eine Lebensbeziehung zu Ihm suchen) und das Zulassen der „Reinigungsmaßnahmen“ Gottes. Der zweite Aspekt ist die Aussage von Jesus selbst im Vers11: „Das habe ich zu euch geredet, damit meine Freude in euch sei und eure Freude vollkommen werde.“
Es geht also nicht darum, uns ein schlechtes Gewissen zu machen, sondern uns Wege zur Freude aufzuzeigen. Was mir nun bei unserem obigen Bibelwort zuerst aufgefallen ist, ist die Vergangenheitsform, in der es geschrieben/gesprochen wurde. Wird da zwischen den Zeilen ein gewisses Ende angedeutet? Nein, ein Ende nicht, aber schon eine tiefgreifende Veränderung für die Jünger.
Der Herr Jesus zieht hier ein Resümee über Seine Wirksamkeit auf dieser Erde, die bald ihren vorläufigen Abschluss finden wird, aber Er bekräftigt erneut, dass sich damit nichts an seinem Verhältnis zu seinen Nachfolgern ändern wird, wenn auch die Umstände sich ändern werden.
Diese Liebe, von der Er hier spricht, ist mehr als Zuneigung und Anteilnahme, weil sie ihren Ursprung in Gott hat. Darf man in diesem Zusammenhang fragen, wie Gott Seinen Sohn geliebt hat, um zu wissen, wie wir geliebt sind? Auch in dieser Hinsicht ist unser Erkennen sicher nur Stückwerk, aber einzelne Hinweise gibt uns Sein Wort schon. Ich musste da z. B. an Aussagen des Hebräerbriefes denken. Die Beschreibung des Wesens und der Stellung Jesu Christi in den ersten Versen des 1. Kapitels sagt sehr viel über die Liebe des Vaters zum Sohn aus: Er hat Ihn zum Erben eingesetzt (Bevollmächtigung), durch Ihn hat Gott die Welten gemacht (Übertragung von Aufgaben und Verantwortung) . Er ist Abdruck Seines Wesens (Prägung durch Vorbild und engste Gemeinschaft), Er ehrt Ihn, nachdem Er die Reinigung von den Sünden bewirkt hat, mit dem höchsten aller Namen und dem Platz an Seiner rechten Seite (Inthronisation).
Zu dem letzten Aspekt möchte ich eine Nebenbemerkung machen, weil sie auch Bedeutung für uns und unser Verhältnis zu Gott hat: Wir wissen, was sich hinter der „Reinigung von den Sünden“ verbirgt. Jes. 53, 10 spricht z. B. davon, dass es „Gott gefiel, Ihn zu zerschlagen“.
Aber ist das denn auch Liebe? Ja, Gott hätte das Seinem Sohn sicher nicht zugemutet, wenn Er nicht um die Notwendigkeit und den letztendlichen Triumph Jesu gewusst hätte! Liebe zeigt sich also auch darin, dem anderen etwas zuzutrauen, andererseits aber auch in dessen „Ja“ zu den Erziehungswegen Gottes. Das sind nur einige wenige Aspekte. Ihr findet sicher noch mehr und vielleicht ganz andere.
Mir ging es darum aufzuzeigen, dass wir durchaus Parallelen zu unserem Leben ziehen dürfen, auch wenn wir nicht an unseren Herrn heranreichen. Wir sind mit der gleichen Liebe geliebt, Er verändert uns in Sein Bild, Er überträgt Aufgaben und Verantwortung, Er traut und mutet uns etwas zu, Er ehrt und bevollmächtigt die, die Ihm vertrauen und Seinen Willen tun. Das alles geht nur in einer engen, lebendigen Verbindung zu dem Anfänger und Vollender unseres Glaubens. Deshalb auch die Aufforderung am Schluss unseres Monatsspruchs: Bleibt in meiner Liebe!
Damit schließt sich der Kreis zu dem, was wir anfangs über den Weinstock und seine Reben bedacht hatten. Wollen wir Ihn durch ein „aktives Dranbleiben“ im Glauben ehren!
Herzliche Grüße und Gottes Segen,
Euer Karl-Heinz Pohle