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Mai 2016

Wisst ihr nicht, dass euer Leib ein Tempel des Heiligen Geistes ist, der in euch wohnt und den ihr von Gott habt? Ihr gehört nicht euch selbst.

1. Kor. 6, 19

 

Lieber gläubiger Leser,
der Grund, der den Apostel Paulus zu dieser Aussage veranlasste, ist ein für eine Gemeinde höchst befremdlicher: „Unzucht“ (oder: Hurerei). Das ist ein Sammelbegriff für verschiedene Arten sexuellen Fehlverhaltens im geistigen und körperlichen Bereich, die man bei bekehrten Leuten nicht für möglichhalten würde.
Ich will mich hier aber nicht speziell mit diesem Thema befassen, weil das zu vielschichtig ist und den Rahmen eines Gemeindebriefes sprengen würde. Nur so viel: Auch wahre Christen sind vor keiner Sünde gefeit, weil sie, solange sie leben, das „Erbgut“ Adams in sich tragen. Wir wollen aber lieber dem Gedankengang nachgehen, den Paulus zu diesem Thema entfaltet:
Unser Körper ist ein Tempel des in uns wohnenden Heiligen Geistes. Für damalige Leser war es sicher leichter, diesen Vergleich gedanklich nachzuvollziehen. Die griechische und römische Welt war voll von Tempeln und Götterbildern (siehe Apg. 17, 16 ff) und der Herodianische Tempel in Jerusalem stand auch noch. Tempel gibt es auch heute noch, aber oft sind es eher touristische Attraktionen oder „Weltkulturerbe“, also Zeugen fremder, meist vergangener Kulturen. Im übertragenen Sinne spricht man auch von „Konsumtempeln“, wenn riesige, prunkvolle Einkaufszentren gebaut wurden, die die Massen anziehen.
Ein Tempel war zunächst nur ein vom Alltäglichen abgegrenzter, meist einer bestimmten Gottheit geweihter Bereich, der einen „Offenbarungsgegenstand“ oder - zeichen beherbergte. Erst im Laufe der Zeit prägte sich der Gedanke der Innewohnung und kultischen Verehrung dieser Götter stärker aus, so dass die Gebäude selbst Teil des Kultes wurden und z. T. bis heute noch sind, wenn wir an die Kaaba, das Hauptheiligtum des Islam in Mekka, denken.
Dieser Gedanke scheint mir insofern wichtig zu sein, dass bei aller Bedeutung des „Tempels“, den unser Bibelwort ja gerade hervorhebt, der „Inhalt“ das Verehrungswürdige ist und bleibt. Hier eine klare Sicht zu haben, vor allem was unseren Körper betrifft, erscheint mir wichtig, weil es nicht nur in den verschiedenen Kulturen, sondern leider auch in der Kirchengeschichte hierzu viele Missverständnisse gab. Diese reichen von der Abwertung oder gar Verteufelung alles Körperlichen bis hin zum anderen Extrem, dem Körperkult in all seinen Facetten.
Ich denke, der wichtigste Gedanke in diesem Zusammenhang ist, dass wir nicht uns selbst gehören. Und das nicht erst seit der Innewohnung des Heiligen Geistes, sondern schon seit Gott dem Menschen seinen Lebensatem eingehaucht hat (1. Mose 2, 7). Sonst hätten die Menschen, die Gott ablehnen und Seinen Geist nicht haben, ja recht, wenn sie behaupten, dass ihr Körper ihnen gehört und sie damit machen können, was sie wollen. Das geht dann von der Ruinierung des eigenen Körpers durch Alkohol- u. Drogenmissbrauch bis hin zur Behauptung „mein Bauch gehört mir“ als Begründung für die Abtreibung ungeborenen Lebens. Zwischen diesen Extremen gibt es einen breiten Verantwortungsbereich, der z. B auch eine gesunde Lebensführung und die Körperhygiene mit einschließt, aber auch den schöpfungsgemäßen Umgang mit dem Geschenk der Sexualität. Wie viel Entartung gibt es gerade auf diesem Gebiet, mit schwerwiegenden Auswirkungen für die ganze Gesellschaft!
Gleichzeitig erleben wir einen ungeahnten Aufschwung eines Körperkultes (oder ist es nur eine Neubelebung dessen, was in unterschiedlicher Form schon immer da war?), der sicher inzwischen ein ernstzunehmender Wirtschaftsfaktor, aber in vielen Fällen fragwürdig ist.
Ich will hierzu nur ein paar Stichworte nennen, ohne sie bis ins letzte auszudiskutieren oder mit einem Rundumschlag zu diskreditieren:
Schönheitsoperationen, Schlankheitswahn, grenzwertiges Bodybuilding, Fitness-, Nagel-, Tätowierungs- und Piercingstudios, die wie Pilze aus dem Boden schießen, und man könnte diese Liste noch fortsetzen. Zu einigen dieser Dinge hat die Bibel durchaus konkret etwas zu sagen, auch wenn es zunächst Anweisungen an das Volk Israel waren (lies 3. Mose 19 + 20). Manches davon wird im NT neu aufgegriffen.
Es ist eine falsch verstandene Freiheit, wenn wir wie einige damals in Korinth argumentieren, dass alles erlaubt sei, ohne nach der Meinung des Schöpfers zu fragen und an die Folgen für uns selbst und oft auch für die ganze Menschheit zu denken. Wir wollen aber nicht bei dem Negativen stehen bleiben, sondern neu begreifen, wie und wozu wir gewürdigt sind: Wir dürfen ein Tempel des Heiligen Geistes sein, also Gott wohnt selbst in uns! Das verdient in erster Linie unsere ganze Aufmerksamkeit und unseren Einsatz. Der Heilige Geist ist der „Sachwalter“, also der, der die Sache Gottes in uns vertritt und uns zu einem Leben nach den Maßstäben Gottes befähigt. Dabei sollten wir auch nicht vergessen, was der Herr Jesus dafür drangesetzt hat, um das überhaupt möglich zu machen. Deshalb möchte ich euch heute mit dem Satz grüßen, der am Ende unseres Abschnittes steht:
„Ihr seid um einen Preis erkauft worden; verherrlicht nun Gott in eurem Leibe

Euer Karl-Heinz Pohle